Ferdinand (von) Hillers „SAUL“ in der Corona-Katastrophe
Die hier dokumentierte Aufnahme des „Saul“ von Ferdinand (von) Hiller ist in mehrfacher Hinsicht außergewöhnlich: Seit 2020 wütete in Europa wie der ganzen Welt die Corona-Pandemie, eine hochgefährliche und extrem ansteckende Virus-Erkrankung. Diese die gesamte Menschheit bedrohende Seuche ist von Mensch zu Mensch via Aerosole vornehmlich in Innenräumen übertragbar und forderte bis Ende 2021 allein in Deutschland weit über 100.000 Tote! Das gesellschaftliche, wirtschaftliche und kulturelle Leben kam mehrfach völlig zum Erliegen (sog. „Lockdowns“), womit weitestgehende Kontaktsperren verbunden waren. Folglich fand ein Konzertleben -wie man es seit Menschengedenken kannte- nicht mehr statt. Unter derartigen Bedingungen konnte natürlich auch ein Chor weder proben noch konzertant auftreten. Im Verlauf des Jahres 2021 versuchten Vorstand, künstlerische Leitung und zahlreiche Mitglieder des Städtischen Musikvereins nach Auswegen zu suchen. Dabei kamen die Möglichkeiten der elektronischen Medien (Online-/Zoom-Meetings) in den Fokus. Das hatte zur Folge, dass die herkömmlichen Chorproben durch heimische „Einzelproben via Internetkontakt“ ersetzt wurden, was zwar dem Geist und Sinn eines Gemeinschaftserlebens völlig widersprach, den katastrophalen Gesamtumständen jedoch als nahezu alternativlosem Zwangsausweg geschuldet war. Als sich Mitte 2021 durch zeitweise zurückgehende Infektionszahlen die Möglichkeit ergab, vorsichtig in einen Präsens-Probenmodus zurückzukehren, hatte die Distanz-Vorarbeit zur Folge, dass die Chormitglieder sich in studierter Form treffen konnten, ein Fakt, den man in dieser Ausprägung bislang nur von absoluten Profichören kannte. Die geschilderten Umstände führten auch dazu, dass sich der ansonsten mit ca. 140 Sängerinnen und Sängern auftretende Chor des Städtischen Musikvereins auf etwa 65 reduzierte. Gleichwohl konnten die Mitwirkenden einen romantischen Chorklang hervorbringen, der die Konzertbesucher und die Presse in Essen, Duisburg, Dortmund, Köln und Düsseldorf zu begeistern vermochte.
Ausgesprochen bedauerlich bleibt, dass -vermutlich vielfach aus Angst vor Ansteckung- das Publikum mit großer Zurückhaltung (was den Konzertbesuch betraf) reagierte. Die Idee, das extrem selten aufgeführte Oratorium des ehemaligen Musikdirektors von Köln und Düsseldorf der Vergessenheit zu entreißen, wurde so -wie vieles im Bereich des öffentlichen Lebens dieser Zeit- ein Opfer der „Naturkatastrophe Covid 19“.
Umso dankbarer sind wir für das vorliegende Tondokument des Tonhallenkonzertes vom 31. Oktober 2021. Nach unseren Recherchen gibt und gab es auf dem Tonträger-Weltmarkt derzeit keinerlei Aufzeichnung dieses gewaltigen Chorwerks. Die ursprünglich geplante kommerzielle CD-live-Produktion musste in letzter Minute aus „finanziellen“ Gründen abgesagt werden. Es wäre eine Weltersteinspielung gewesen.
Michael Alexander Willems
Chor und Orchester (Kölner Akademie) – Der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf in Corona-bedingter Kleinstbesetzung