Lebenslauf
Vereinsleben: Silberne Stimmgabel für Marieddy Rossetto – Dankesrede der Preisträgerin

Sehr geehrter Herr Knoll,

sehr geehrte Delegierte des Landesmusikrats NRW,

Lieber Herr Müller,

Lieber Herr Keßler,

meine sehr verehrten Damen und Herren!

Mit großer Freude habe ich soeben Ihre Auszeichnung für meine Arbeit im Chorwesen und als künstlerische Leiterin der SingPause Düsseldorf entgegennehmen dürfen. Hierfür danke ich Ihnen sehr.

Ein besonderes Dankeschön darf ich auch an meinen Laudator, Herrn Keßler richten, der mir in Düsseldorf langjähriger Begleiter und in manch vertrackten Situationen ein zuverlässiger Ratgeber war. Lieber Herr Keßler, vielen Dank für Ihre einfühlsamen Worte.

Schaue ich auf mein Leben zurück, muss und darf ich feststellen, dass mein Bestreben und meine Wünsche für meine persönliche Entwicklung sich daran orientiert haben, inwieweit mir die Arbeit mit Menschen im Zusammenhang mit der Musik möglich sein würde.

Eine solche Arbeit ist in besonderem Maße in den letzten 25 Jahren mit dem Chor der Konzertgesellschaft Wuppertal und dem Städt. Musikverein zu Düsseldorf wirklich geworden. Dankbar denke ich daran zurück, denn die Menschen, die dort zusammenkamen - so unterschiedlich sie sind - haben mit mir die verschiedensten Chorwerke mit großer Begeisterung, oft mit hohem persönlichen Aufwand um der Musik selbst willen, erarbeitet. Ihr Lohn lag im Gelingen der Aufführungen und sie haben wirklich außergewöhnliche Leistungen erbracht.

Als im Jahr 2004 Herr Manfred Hill, damals Vorsitzender des Musikvereins zu Düsseldorf mich über seine Sorgen um den Nachwuchs im Chor ansprach, kamen wir schnell überein, dass diese Sorge nicht nur unserem Chor, sondern vielen Chören der Stadt galt. Wir waren der Meinung, dass nur eine gemeinsame Anstrengung unter der Federführung der Stadtverwaltung, am großen Rad drehen könnte, das sich bewegen musste, um der Talfahrt der Chorszene entgegen zu wirken.

Darin haben wir uns nicht getäuscht, denn wir fanden offene Ohren im Kulturamt, die die Wichtigkeit unserer Überlegungen erkannten und verschiedene Musikinstitutionen zu einem „Runden Tisch“ zum Thema „Chornachwuchsförderung“ einluden.

Hier möchte ich nun meinen herzlichen Dank an die Leitung des Kulturamts Frau Marianne Schirge und Frau Dr. Petra Winkelmann aussprechen, die an so wichtiger Stelle ihrer Verantwortung gerecht wurden und werden. Bis heute vertreten sie unsere Sache treu und unterstützen uns mit aller ihrer Kraft.

Im Rahmen dieses Arbeitskreises ist die SingPause entstanden, die die Förderung des Singens in der Grundschule zu ihrem Schwerpunkt machte. Sie stützt sich auf die Vorarbeit von Justine Ward, die vor ca. 100 Jahren eine Methode entwickelt hat, auf die unsere Singleiterinnen und Singleiter bei ihrer Arbeit zugreifen können. Über eine solche Methode zur Stimm- und Gehörbildung, Rhythmusschulung und zum Notenlesen zu verfügen, ist ein wahrer Glücksfall.

Dass die Umsetzung, Weiterentwicklung und Organisation in die Hände des Musikvereins gelegt wurde, hat, so meine ich, sich zu einem weiteren Glücksfall entwickelt.

Das Zusammengehörigkeitsgefühl im Musikverein, der auch ein Korpsgeist ist, und das unermüdliche Engagement seines damaligen Vorsitzenden, Herrn Manfred Hill, gaben mir die Kraft diese ehrenvolle Aufgabe zu bewältigen, die sich bis heute in vielen Einzelheiten jeden Tag neu stellt. Ihr gerecht zu werden, bemühe ich mich immer wieder neu.

So begann die SingPause 2006 mit 5 Grundschulen und nach kurzer Zeit – sprich einem Schuljahr – hatte sie sich etabliert. Zusammen mit dem Bildungsbüro unter der Leitung Herrn Keßler‘s und dem Schulverwaltungsamt kam es zur Einbindung in den „Offenen Ganztag“ und zur Erweiterung der finanziellen Förderung. Jahr für Jahr wollten mehr Schulen daran teilnehmen und so betreuen wir heute mit 43 Sängerinnen und Sängern 16.000 Kinder in 70 Grundschulen.

In diesem Zusammenhang richte ich ein großes Dankeschön an dieses Team. Ihre unverzichtbare und einfühlsame Arbeit in einem für sie neuen Metier nämlich der Schule, kann nicht hoch genug eingeschätzt werden.

Die Silberne Stimmgabel, die ich heute entgegennehme, wie auch die anderen SingPause-Preise, sind auch Anerkennung für die außerordentliche Leistung dieser Musikerinnen und Musiker aus 15 verschiedenen Nationen, die mit Liedern aus ihren unterschiedlichen kulturellen Hintergründen unser Repertoire erweitern und bereichern.

Wir haben die Organisation in der SingPause in dem Sinne ökonomisch konzipiert, um die Schulen mit so wenig Aufwand wie möglich zu belasten. Die Bewältigung einer solchen Aufgabe, die mit den Jahren stetig gewachsen ist,        ist heute schon alleine durch ihren schieren Umfang, eine Anstrengung besonderer Art. Nichts desto trotz könnte es viel mehr Kommunen geben, die mit Engagement und Einsatz eine solche Bildungseinrichtung für Grundschüler ermöglichen und zugleich dafür Sorge tragen, dass die Lust am Singen als elementarem Zugang zur Musik aus unserer Gesellschaft nicht verschwindet.

In seinem Text „Zur Bedeutung des Singens“ schreibt Yehudi Menuhin: „Singen ist die eigentliche Muttersprache aller Menschen“.

Schaue ich in unseren jährlichen Konzerten in der Tonhalle Düsseldorf auf die glücklichen Gesichter der singenden Kinder aus vielen Nationen, muss ich bewegt feststellen, dass die von Menuhin gemeinte Muttersprache sich wieder einen Platz in unserer Welt in Düsseldorf zurückerobert.

Unser kleines musikalisches Pflänzchen aus dem Jahre 2006 hat sich zu einem veritablen Baum entwickelt. Nun hoffe ich, dass die Corona-Pandemie ihn nicht ausdörrt, denn über ein Jahr dürfen Kinder in Klassenräumen nicht singen, Kinderchöre nicht proben. Die Tonhalle blieb ihnen in dieser Zeit geschlossen. Die Frage, die sich für mich stellt, ist die: Wie lange noch?

Dass die Kinder und ihre seelische Nahrung, nämlich die Musik, bei allen Überlegungen zur Bekämpfung der Pandemie nicht vergessen werden dürfen, ist aus meiner Sicht von überragender Bedeutung.

Um Menuhin erneut zu zitieren:

„Wenn einer aus seiner Seele singt, heilt er zugleich seine innere Welt. Wenn alle aus ihrer Seele singen und eins sind in der Musik, heilen sie zugleich auch die äußere Welt.“

Dass solche Heilung durch Singen erkannt wird und uns die Möglichkeit wiedergegeben wird, unserer Berufung Kinder in die Welt der Musik einzuführen weiter folgen zu können, ist meine Hoffnung für die Zukunft und ich bedanke mich für Ihr Zuhören!

Marieddy Rossetto am 4.9.2021

Textbild: Preisverleihung "Kinder zum Olymp" - Nominierungspreis. Bundespräsident Frank Walter Steinmeier und seine Gattin Elke Büdenbender mit Marieddy Rossetto und Manfred Hill im Pierre Boulez-Saal der Barenboim-Said-Akademie in Berlin im Jahre 2018.

Beitragsbild: Verleihung der Silbernen Stimmgabel des Landesmusikrats 2021 an Marieddy Rossetto (Mitte) durch Holger Müller (links); die Laudatio hielt Rolf Kessler (rechts) ©vlago