Drei Wochen Südfrankreich im Sommer 1981! Winfried Maczewski (Chorleiter an der Oper Wuppertal) und Prof. Hartmut Schmidt hatten einen 80-köpfigen „Spezial-Chor“ für die Festspiele der Choregies d’Orange zusammengestellt. Voraussetzung neben der zu ermöglichenden Zeit waren 1) auswendiges Singen in 3 Sprachen (Deutsch, Italienisch und Französisch) sowie Bühnentauglichkeit in Kostümen. (Schallarchiv Vol. 184 + 185)
Untergebracht war der Chor in einem Hotel ca. 30 km entfernt vom Théatre Antique National d’Orange. Das wäre alles nicht so erwähnenswert, wenn nicht eine alte eingleisige Eisenbahnbrücke auf der täglichen Transferstrecke im Wege gestanden hätte. Der schon etwas in die Jahre gekommene Neoplan-Doppeldecker-Bus maß 3,85 Meter lichte Höhe. Die Durchfahrtshöhe der Brücke aber nicht. Als der Chor sich erstmals per Bus dieser Brückendurchfahrt näherte, sprang eine alte Frau von Ihrer neben der Straße stehenden Bank auf und gestikulierte wild: Das geht niemals gut!!!
Günter Schulz, unser Busfahrer, stoppte, besah sich von außen die Lage, überlegte und fand die Lösung: Das Gefährt hatte eine Luftfederung. Wenn man diese vollständig entlüften würde, werde es dann zwar etwas sehr „hart“, aber es könnte gehen…!?.
Es ging (aber ganz langsam!).
Dieses Procedere wiederholte sich dann rund 40 x, das heißt an 20 Tagen zu Proben und Aufführungen hin, und ebenso oft zurück. Jedes mal mit angehaltenem Atem und ganz langsam.
Die Durchfahrt des Busses entwickelte sich übrigens zum Publikumserfolg. Von mal zu mal hatten wir mehr Zuschauer…. Und übrigens: Da Günter Schulz den Chor sehr oft zu den unterschiedlichsten Anlässen durch halb Europa fuhr, ernannte er sich selber zum "(be)fördernden Mitglied".
An dieser Reise nahm als Sängerin auch eine Dame namens Herlinde Wachtenberg teil. Dem großen Publikum ist Frau Wachtenberg heute unter dem Künstlernamen Hera Lind bekannt.
Erinnerungen von Rainer Großimlinghaus im Mai 2021
Bild: Doppeldecker-Bus aus den 80-er Jahren