Lebenslauf
Vereinsleben: Bewegte Zeiten – Des Sängers Fluch und die Folgen

Im Zusammenhang mit der EMI-Einspielung möglichst aller Chor-Orchesterwerke Robert Schumanns waren im Juni 1984 Aufnahmesitzungen zu den Balladen „Der Königssohn“, „Vom Pagen und der Königstochter“, „Des Sängers Fluch“ und „Das Glück von Edenhall“ angesetzt. Doch es kam anders:

Die Schumann-Einspielungen waren dem langjährigen und hoch angesehenen Produzenten der EMI-Electrola so etwas wie eine Herzensangelegenheit. In Zeiten, wo bereits nahezu das gesamte klassische Repertoire auf dem Weltmarkt als Tonträger greifbar war, gehörten die bislang völlig vernachlässigten Chor-Orchesterballaden zu den wenigen Edelsteinen, die es noch zu heben galt. Daher wurden die vier „Balladen für Soli, Chor und Orchester“ mit den hochkarätigsten Solisten besetzt, die das Haus Electrola zu bieten hatte: Doris Soffel, Walter Berry, Edda Moser, Josef Protschka, Peter Meven, Walton Grönroos, Ilse Gramatzki, Andreas Schmidt, und, und, und. Die Aufnahmen gestalteten sich schwieriger als gedacht, was vor allem an der gesundheitlichen Verfassung von Bernhard Klee lag. Nachdem OP. 116 und OP 140 „im Kasten“ waren, standen noch „Des Sängers Fluch“ und „Das Glück von Edenhall“ an. Die 3 Nummern der Erzählerin (1, 3 und 12 aus OP 139) mit Doris Soffel eingespielt waren, klappte Bernhard Klee entnervt seine Partitur zu und verließ mit den Worten „Ich kann das Zeug nicht!“ zum Entsetzen aller Beteiligten den großen Saal der Tonhalle. Klee, dessen innere Zerrissenheit schon so manchesmal seiner großen künstlerischen Qualität einen Streich gespielt hatte, verließ die Tonhalle mit den Worten „Ohne mich!“ Damit stand das Team, Solisten, Chor und Orchester vor einem Trümmerhaufen, zumindest, was das Gesamtprojekt betraf. Dr. Storjohann gelang es dann für September des Folgejahres Heinz Wallberg zu gewinnen, die begonnenen Aufnahmen von „Des Sängers Fluch“ sowie die Ballade „Das Glück von Edenhall“ zu einem glücklichen Ende zu bringen. Wallbergs so völlig unkomplizierte Art war nach den so problematischen Sitzungen unter Bernhard Klee für alle Mitwirkenden gleichsam eine „Erholung“.

Fazit: Geht doch!

P.S.: Damit kein Missverständnis aufkommt: Bernhard Klee war immer ein hoch sensibler und großartiger Künstler. Die Zeit mit ihm bleibt wohl allen, die damals dabei waren, in positivster Erinnerung. Klee wurde vom Chor geschätzt, ja geliebt. Trotzdem hatte dieses Ereignis natürlich die Folge, dass sich die Schallplattenindustrie von ihm distanzierte. Wolfgang Gülich (Tonmeister vieler Aufnahmen der EMI-Electrola) sagte einmal zu mir: „Das kann sich keine Schallplattenfirma der Welt leisten!“

Erinnerungen von Rainer Großimlinghaus im Dezember 2017

Bild: Bernhard Klee