Lebenslauf
Vereinsleben: Bewegte Zeiten – Die Chorszene

Der Blick in die Chronik des Musikvereins zeigt in den 70er und 80er Jahren des XXsten Jahrhunderts eine ungewöhnliche Häufung von Konzerten im In- und Ausland. Das war natürlich ein besonders von der Stadt sehr positiv aufgenommener Umstand, galt der Chor doch im engeren und weiteren Sinne als musikalischer Botschafter und Visitenkarte Düsseldorfs. Hinzu kam eine deutlich zunehmende Medienpräsenz, die -neben den Anforderungen namhaftester Spitzendirigenten- ein hohes bis höchstes Qualitätssiegel als selbstverständlich voraussetzte. Eine gigantische Herausforderung, die in erster Linie der damalige Chordirektor Professor Hartmut Schmidt zu bewältigen hatte. Aber es war auch ein Mammutprogramm für jede einzelne Sängerin, jeden einzelnen Sänger. „…und das alles nach Feierabend!“ – wie eine damalige TV-Reportage des WDR betitelt wurde. Eine Konsequenz war dann auch der wachsende Unmut innerhalb des Chores über die Tatsache, dass ein Vereinsleben so gut wie nicht mehr stattfand. Wie auch?

Der Ruf nach mehr Informationen über den (fast täglichen) Proben und Konzert-„Alltag“ wurde lauter. Damals sah ich mich als Medien- und Marketing-Beauftragten, was zur Folge hatte, dass man mich mehr bremsen, als „zur Jagd tragen“ musste. In dieser Situation kam 1980 die Idee auf, ein Periodikum, eine Zeitschrift ins Leben zu rufen, die all die vielen Fragen innerhalb und außerhalb des Chores zumindest teilweise beantworten sollte. Wir nannten dieses Magazin „Chorszene“, deren erste Ausgabe wir 1981 präsentieren konnten. Empfänger waren, neben den aktiven wie passiven Mitgliedern des Städtischen Musikvereins, alle Konzertagenturen, wichtige Medienvertreter, Manager der Orchester mit denen der Chor in Verbindung stand, und natürlich die für den Chor des Musikvereins wichtigen Persönlichkeiten im In- und Ausland. Zwei tragende Säulen sollten und haben den Inhalt des Magazins bestimmt: Die Frage „was macht Ihr?“ wurde beantwortet durch eine Rubrik, die sich „Termine-Pläne-Anfragen“ nannte. Der zweite Schwerpunkt lag ab Ausgabe 1/82 in der schrittweisen Veröffentlichung der Chronik des Musikvereins ab Gründungsjahr 1818. Wenn man so will war dies der Vorläufer zum ersten Chronikband „Aus Liebe zur Musik“ -Zwei Jahrhunderte Musikleben in Düsseldorf 1818 – 1988-.

Rückblickend darf man sagen, dass die Chorszene mit vielfachem Interesse und positiven Auswirkungen auf die Einladungen an den Chor in den Folgejahren ihren Zweck voll und ganz erfüllt hatte. Gleichwohl gab es auch kritische Stimmen, vornehmlich aus den Reihen von Stadt (Kulturamt) und Generalmusikdirektor Bernhard Klee. Hintergrund war der Standpunkt, dass zumindest die Projekte in Düsseldorf von den genannten Institutionen als „Jus primae noctis“ hinsichtlich der Verkündung von Konzertprogrammen angesehen wurde. Dieses „Herrenrecht“ wollte man nur ungern mit einem Beteiligten, also dem Chor des Musikvereins, teilen. Es gab manche schwierigen Gespräche, wobei alle Beteiligten schlussendlich einsahen, dass die besonders internationalen Verpflichtungen des Chores weit über den Zeithorizont einer Spielzeit hinausgingen. Auch wollte der Musikverein mit der Ankündigung dessen, was er vorhat, einerseits die private Disposition der eigenen Mitglieder erleichtern, andererseits Interesse von potentiell neuen Sängerinnen und Sängern an den Chorplänen generieren. Eine Aufgabe, die für nahezu alle großen Konzertchöre damals wie heute unverändert besteht.

Erinnerungen von Rainer Großimlinghaus im Mai 2021

Bild: Bernhard Jahn - ehemaliger Schriftführer und Mitbegründer der ersten Chorszene.