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Vereinsleben

Musikfest = Düsseldorf - 18. Niederrheinisches Musikfest am 22. und 23. 5. 1836

Am 24.5.1836 brachte die Düsseldorfer Zeitung die Kritik zum Musikfest:

„(Düsseldorfer Zeitung)
Düsseldorf, den 24. Mai.
Heute ist das 18. Niederrheinische Musikfest beendet. Wir freuen uns, es so glänzend und herrlich in die Reihe der vergangenen Feste getreten zu sehen, welchen es in der Gediegenheit der Auswahl klassischer Tonwerke eben so als Beispiel vorleuchtet, wie es in der Ausführung für Mitwirkende und Zuhörer als trefflich gelungen bezeichnet werden muß. Ein allgemeiner Ruf der Begeisterung zollt dem Meister und Dirigenten Dank, dessen unermüdlicher Sorgfalt und weiser, kräftiger Leitung diese Erfolge zunächst angehören. Andere mögen das Oratorium Paulus, das nun von hier aus in alle Lande gehen wird, in tieferer Bedeutung kritisch würdigen. Wir haben es mit dem allgemeinen Eindruck zu thun. Dieser war begeistert und begeisternd vollendet. In Proben und Aufführung sprachen die allgemeine Bewunderung, Rührung, enthusiastische Aufregung ihren lauten, jubelnden Zuruf dem Meister aus, der, ernst und innig bewegt, die Beweise dieser schönen Theilnahme empfing. Die Aufführung war ein herrlich vollendetes Ganze. Vorzugsweise müssen wir der ausgezeichneten Leistungen der Solosängerinnen Frau Fischer-Achten, Fräulein Grabau des Solote-nors, Hrn. Schmezer, gedenken. Auch unser Versing bewährte seinen Ruf. Hand in Hand mit diesen gingen die Chöre, die wir besser, gerundeter und grandiöser bei keinem der früheren Feste hörten. Das Oratorium Paulus von Felix Mendelssohn Bartholdy ist bei dem jetzigen Musikfeste als ein klassisches Tonwerk unserer Zeit in die Welt getreten. Der erste hiesige Festabend wird bei Allen, die ihn froh und heiter mitlebten, ein würdiges Andenken behalten.
Bei dem Schlusse des Oratoriums empfing der laute Jubel einen neuen Aufschwung, als von schönen Händen die Partitur des Paulus auf dem Direktionspulte mit einem Lorbeerkranze umwunden und die verdiente Krone dem Meister in seinem Werke dargebracht wurde.
Würdig und gleich gelungen folgte das Konzert des zweiten Tages. Mit vollendeter Trefflichkeit ward die IX. Sinfonie gegeben. Wohl selten mag diesem schwierigen Werke eine solche Aufführung geworden seyn. Daß Herr Fischer aus Frankfurt sich herausnahm, Beethovens Recitativ zu ändern und zu verderben, mag ihm vergeben seyn, weil es der einzige Fehler war, der vorkam, und der ihm allein zu Last fällt (siehe auch Eintrag vom 18.6.1836). Das Orchester hat sich mit Ruhm bedeckt. Das Publikum war warm und empfänglich, daher auch der Eindruck der großartigen Komposition unverkennbar.
Lebhaft und freudig wurde die treffliche Ausführung der neuen Ouvertüre zu Lenore aufgenommen. Näheres enthält über dieselbe eines der früheren Blätter dieser Zeitung (siehe Eintrag vom 19.5.1836). Sie bildete eine schöne Blume im Kranze des Abends. Der hier unbekannte Psalm von Haendel und Mozart’s Davide penitente wurden mit der schon gerühmten Präcision und großer Wirkung des Chores aufgeführt.
Ausgezeichnet waren darin die schon oben genannten Solosänger. Für die Sopranpartie des Davide möchte kaum eine bessere Sängerin, als Frau Fischer-Achten, gefunden werden. Ihre Reinheit und leichte Intonation in den höchsten Tönen erregen Bewunderung und wahrhaft erfreulich ist die schöne Weise, mit welcher diese trefflichen Mittel benutzt werden. Frl. Meisselbach sang die Sopranpartie im Psalm von Händel und mit Freude sahen wir sie in der schönen Umgebung ihre Stelle einnehmen.
Diesem zweiten Festtage folgte heute ein drittes Morgen-Fest-Konzert, dessen Einrichtung zunächst auf den vielseitigen Wunsch von Mitwirkenden und Zuhörern unternommen ward.
Dem Komitee wissen wir es Dank, dass es uns um einen so schönen Genuß bereicherte. Gegeben wurden: 1. Die Ouvertüre zu Leonore Nro. 1. Wiederholung aus dem zweiten Festtage, und 2. die Ouvertüre zu Leonore Nro. 2, welche 1833 hier gegeben war. Der großen Anstrengung der vorhergegangenen Tage ungeachtet hatte das Orchester zur Ouvertüre Nro. 2 früh Morgens noch eine Probe gehalten. Sie wurde herrlich gegeben, und doppelt interessant war dadurch die Vereinigung der beiden herrlichen Werke Beethovens. Frau Fischer-Achten war leider unwohl geworden und wir mussten ihre zugesagte Mitwirkung entbehren. Dagegen sangen 3. Fräul. Grabau die Arie der Vitellia aus Titus und 4. Herr Schmezer die Tamino-Arie aus der Zauberflöte, beide mit vollendeter Virtuosität. Die Krone des ersten Theils bildete aber 5. eine à l’impromptu eingeschobene Doppelsonate von Beethoven, für Pianoforte und Violine, gespielt von Hrn. F. Mendelssohn-Bartholdy und Hrn. Konzertmeister David aus Leipzig. Das wahrhaft entzückende Zusammenspiel (ohne Noten) beider Meister erregte jubelnden Beifall. Mit Verehrung und Bewunderung staunte man die Künstler an, die nach so mannichfacher und großer Anstrengung in dieser Vollendung auftraten.
Mendelssohn überraschte uns nicht; seine Leistungen als Künstler stehen hier in frischem und treuem Andenken, das ihn und sie uns lieb und verehrungswürdig macht. In Hrn. David, welcher mit Hrn. Praeger aus Bielefeld als Vorgeiger sich schon trefflich gezeigt hatte, lernten wir mit Freuden einen Virtuosen ersten Ranges kennen. Solche Künstler und ihre Mitwirkung bedingen und sichern das Gelingen eines Musikfestes.
Den zweiten Teil des Konzertes füllte eine Wiederholung mehrerer Chöre und Soli aus Paulus. Sie wurde mit Begeisterung ausgeführt und aufgenommen. Noch einmal bewegten diese Klänge die versammelte Menge zu lebhafter Theilnahme und Freude. Dann zog sie von dannen, und die Festgenossen wandern von hier, bis sie das künftige Musikfest zu Aachen wieder ruft. Gewiß nimmt Jeder die frohe Erinnerung an die verlebten Tage und den Wunsch mit sich in die Heimath, noch manches so gelungene und herrliche Musikfest mit feiern zu helfen.
Dank dem Meister Felix Mendelssohn-Bartholdy
Dank allen Mitwirkenden bei dem vollendeten 18ten Niederrheinischen Musikfeste!“