Natürlich sind es subjektive Wahrnehmungen der Beteiligten, wenn man in der Vorbereitungszeit zu Merlin aus Chorkreisen immer wieder hörte, dies sei mit Abstand der schwierigste Chorpart, den man jemals einstudiert habe. Gleichwohl bestätigt der Komponist in einem Gespräch mit Regine Müller (abgedruckt im Programmheft): Merlin ist sehr dicht komponiert, kein Spaziergang fürs Orchester und erst recht nicht für den Chor. Herausforderungen solcher Art findet man in der jüngsten Geschichte des Musikvereins zwar öfters, im Falle Merlin kam jedoch der Umstand eines außergewöhnlichen Probenumfeldes hinzu: am 2. September also wenige Tage zuvor- stand mit AIDA von Giuseppe Verdi ein musikalisches Schwergewicht ganz anderer Art vor nicht weniger als 26.000 Zuhörern in der Düsseldorfer LTU-Arena auf dem Programm, wobei zuzugestehen ist, dass das zwar extrem populäre Musik ist, jedoch deutlich abseits vom üblichen Repertoire eines Konzertchores liegt. Dennoch: die Auseinandersetzung mit Werken zeitgenössischer Komponisten war, ist und bleibt erklärter Maßstab für die künstlerische Kompetenz des Musikverein-Chores. Die Anstrengungen physischer und psychischer Art wie auch das (von Manfred Trojahn selber so bezeichnete) extrem unwirtschaftliche Stück bereiteten dem Städtischen Musikverein und seiner künstlerischen Leiterin Marieddy Rossetto höchste Anerkennung beim Publikum (!) wie auch von Seiten der Fachpresse. Niemand, der später die hier vorliegende souveräne Interpretation hört, ahnt den Aufwand, den insbesondere ein auch noch so engagierter- Laienchor treiben muss, um ein Werk wie Merlin adäquat präsentieren zu können.
Wenn auch durch eine Pause getrennt, so fiel es doch Zuhörern wie Ausführenden nicht leicht, sich nach der düster-apokalyptischen Merlin-Welt auf den von Mendelssohn so meisterhaft luftig instrumentierten Sommernachts-Ton einzulassen: gegensätzlicher können musikalische Welten wohl kaum sein!