Es war einmal wieder ein Zufall, der die hier zu hörenden Tondokumente im wahrsten Sinne des Wortes aufdeckte: Auf der Suche nach älteren Aufnahmen mit dem Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf kamen wir im Jahr 2010 auf Pfitzners Von Deutscher Seele aus dem Jahr 1938. Da keine Aufzeichnung im Archiv des WDR (NWDR) bzw. des NDR ausfindig zu machen war, wurden wir an das Deutsche Rundfunkarchiv in Frankfurt/Main (DRA) verwiesen. Dort half man in sehr freundlicher und sorgfältiger Art insofern weiter, als man den Ausschnitt aus der Programmzeitung Der Deutsche Rundfunk vom Donnerstag, 26. Mai 1938 (Christi Himmelfahrt) fand, in welchem die Übertragung des Konzertes live für 20:00 Uhr angekündigt wurde. Ein Tondokument jedoch existierte nicht. Damit stand uns zumindest ein Nachweis über jenes vermutlich- erste Erscheinen des Musikvereins im Rundfunk zur Verfügung. Aufmerksam wurden wir in diesem Zusammenhang auf die Tatsache, dass Richard Strauss bei den in Rede stehenden Reichsmusiktagen dirigiert hat. Ein Strauss-Konzert stand aber nirgendwo angekündigt; also musste sich seine Präsenz anders finden lassen. Jener besagte hilfreiche Mitarbeiter des DRA stieß dann im Findbuch auf eine Kulturpolitische Kundgebung, die auch zwei Musikstücke beinhaltete:
Festliches Präludium und Ouvertüre Leonore III. Das konnte es also sein! Im Folgejahr 1939 fanden wir eine ebensolche Kundgebung in der schon genannten Programmzeitung, wobei als Orchester das Städtische Orchester Düsseldorf unter der Leitung von Hugo Balzer genannt wurde. Es ließ sich somit rückschließen, dass auch 1938 unser Orchester dienstverpflichtet war. Klarheit hätte hier ein Programm-Heft geschaffen, aber das stand leider nicht zur Verfügung.
Nachdem wir uns eine CD-Kopie jener Kulturpolitischen Kundgebung aus dem Jahre 1938 vom DRA haben kommen lassen, stellten sich mehrere Sachverhalte durch die vom Rundfunksprecher verlesene, mit aufgezeichnete An- und Absage heraus: 1) Wir hören unser Orchester, also die heutigen Düsseldorfer Symphoniker. 2) Es dirigiert Richard Strauss, und zwar nicht nur sein op. 61, sondern auch die Ouvertüre Leonore III op. 72a von Ludwig van Beethoven. 3) Im Strauss-Präludium ist eindrucksvoll die große Sauer-Orgel, gespielt von KMD Kurt Beer zu hören. So gesehen ist abseits von allem politisch-demagogischem Gerede- dieser Teil der Aufnahme für Düsseldorf eine Sensation. Bis zum heutigen Tage ist uns kein Tondokument bekannt, das aus der alten Tonhalle Vergleichbares wiedergibt. Hinzu kommt, dass so hören wir von Seiten des DRA- es ein mehr als glücklicher Umstand ist, heute noch über die seinerzeitigen Tonträger in Form einer vollständigen Aufzeichnung über (komplett) 72:28 Minuten verfügen zu können; die nicht weniger als 23 Matrizen gelangten vermutlich über den vormals Tschechoslowakischen Rundfunk in das Deutsche Rundfunkarchiv und konnten dort digitalisiert werden. Tonbandaufnahmen von z.B. Konzerten vergleichbarer Länge existieren erst seit den 40er Jahren. Bedenken wir dies, wenn wir die so dokumentierten, antiquarischen Fundstücke über das Wirken unseres Orchesters heute hören; musikhistorisch und kulturgeschichtlich bleibt es für Düsseldorf -trotz der durch die geschilderten Umstände bedingten klanglichen Einschränkungen- eine Kostbarkeit ersten Ranges und sicher das älteste existierende Tondokument der Düsseldorfer Symphoniker!
Richard Strauss dirigiert die Düsseldorfer Symphoniker am 28.5.1938
Der Spieltisch der Sauer-Orgel im Kaisersaal der alten Tonhalle (bei der Montage 1926)