Kurfürst Maximilian Joseph verzichtet auf seine rheinischen Besitzungen und verfügt kurz vor diesem Verzicht, dass "Jan Wellems" Gemäldegalerie von Weltrang nach München verbracht wird. Dort ist sie heute der Grundstock der Alten Pinakothek. Hier eine Beschreibung der Entstehung der Düsseldorfer Galeriebestände:
Gründer der Sammlung war der umsichtige Sammler niederländischer Malerei, Max Emanuels pfälzischer Vetter Johann Wilhelm (gen. "Jan Wellem", reg. 1690-1716 in Düsseldorf), dem die von seinem Großvater Wolfgang Wilhelm gegründete Düsseldorfer Galerie ihre wertvollsten Schätze verdankte. Nach der Vereinigung von Bayern und der Pfalz kamen dann auch die pfälzischen Sammlungen in die Alte Pinakothek, da sie vor den französischen Revolutionsheeren in Sicherheit gebracht werden mussten, so die Galerien von Mannheim und Zweibrücken sowie zuletzt 1806 mit der Abtretung des Herzogtums Berg auch die Düsseldorfer Sammlung. Die in ganz Europa tätigen Kunstagenten Johann Wilhelms hatten den Auftrag, lieber die ganze Summe für ein hervorragendes Gemälde als für mehrere mittelmäßige auszugeben. Alleine 32 Bilder aus seiner Rubenssammlung befinden sich heute in der Alten Pinakothek. Als Brautgeschenk bekam er durch seine Gattin Maria Luisa de' Medici Raffaels berühmte "Heilige Familie aus dem Hause Canigiani". Die Mannheimer Galerie war eine Gründung von Johann Wilhelms Bruder Kurfürst Karl Philipp (reg. 1716-1742) und wurde von seinem Nachfolger Karl Theodor (reg. 1742-1799) wesentlich erweitert, der ebenfalls eine Schwäche für Niederländer hatte. So erwarb er unter anderem Rembrandts "Heilige Familie".
Welcher Verlust entstand wird deutlich, wenn man in einen vom Galerieinspektor Gerhard Joseph Karsch 1714 angefertigten Katalog schaut, in dem er allein 46 Bilder Rubens und neun Rembrandt zuschreibt; sehr zahlreich waren auch zeitgenössische und ältere italienische Maler, darunter Tizian und Raffael repräsentiert.
Die Gemäldegalerie war außerdem ein beliebter Treffpunkt, ja eine Art Clubhaus gebildeter Bürger, in dem man sich nicht nur zur Kunstbetrachtung, sondern ebenso gern zu Gesprächen einfand, und wo man die neuesten Nachrichten erfuhr und durchreisende Fremde traf.
In einer Tagebuchaufzeichnung beschreibt Goethe die Düsseldorfer Szene wie folgt:
"In dem nicht weit entfernten Düsseldorf wurden fleißige Besuche gemacht bei Freunden, die zu dem Pempelforter Cirkel gehörten; auf der Galerie war die gewöhnliche Zusammenkunft. Dort ließ sich eine entschiedene Neigung für die italienische Schule spüren, man zeigte sich höchst ungerecht gegen die niederländische; freilich war der hohe Sinn der ersten anziehend, edel Gemüther hinreißend. Einst hatten wir uns lange in dem Saale des Rubens und der vorzüglichsten Niederländer aufgehalten; als wir heraustraten, hing die Himmelfahrt von Guido gerade gegenüber, da rief einer begeistert aus: ,Ist es einem nicht zu Muthe, als wenn man aus einer Schenke in gute Gesellschaft käme!' An meinem Theil konnt' ich mir gefallen lassen, daß die Meister, die mich noch vor kurzem über den Alpen entzückt, sich so herrlich zeigten und leidenschaftliche Bewunderung erweckten; doch sucht' ich mich auch mit den Niederländern bekannt zu machen, deren Tugenden und Vorzüge im höchsten Grade sich hier den Augen darstellten, ich fand mir Gewinn fürs ganze Leben."
Bild: Peter Paul Rubens (1577-1640), "Der Bethlehemitische Kindermord" (199x302cm, Alte Pinakothek, München)