Fortsetzung des vorangegangenen Artikels:
Diese Verhältnisse wirkten nachteilig auf den geistigen Zustand desselben ein. Er war, wie sich aus einem Gutachten von Reiner Solenander, dem herzoglichen Leibarzt, ergibt, von Natur an Körper und Geist schwach und hatte die krankhafte Anlage seines Vaters geerbt. Unter den Erregungen der Händel, in welche er geriet, entwickelte sich dieselbe mehr und mehr. Einerseits schmiedete er in wirrem Ehrgeiz allerlei Pläne, die Ketzerei in den Jülicher Landen zu beseitigen und die Herrschaft dem Vater zu entreißen, andererseits erfüllte ihn in wachsendem Maße die Furcht, dass er von Verschwörungen und Anschlägen auf sein Leben bedroht sei.
Dass den Landständen trotz seines Widerspruchs Zugeständnisse gemacht wurden, welche eine von ihnen gebildete Regierung der fürstlichen entgegenstellten, dass er von den Staatsgeschäften völlig ausgeschlossen wurde und dass die Räte ihn und seine Gemahlin in drückender Geldnot hielten, steigerte das Leiden des Jungherzogs. Dazu kam der Kummer über die Kinderlosigkeit seiner Ehe und über die Verwüstung der Jülicher Lande durch spanisches und holländisches Kriegsvolk.
Im März und heftiger im Sommer 1589 befiel ihn angstvolle Schwermut. Am 1. Januar 1590 kam die Krankheit zum vollen Ausbruch; einige Wochen später verfiel er in Tobsucht. Seitdem blieb er wahnsinnig, doch besserte sich sein Zustand infolge der Behandlung eines aus Holland berufenen englischen Arztes seit 1597 so weit, dass man ihn aus der Haft entlassen und am 20. Juni 1599, nachdem Jakobe von Baden, seine erste Gemahlin, am 3. September 1597 ermordet worden war, mit Herzogin Antonie von Lothringen verheiraten konnte, um das Aussterben des Jülicher Mannesstammes zu verhindern.
Auch diese Ehe blieb indes kinderlos, obwohl Antonie und ihr Gemahl wiederholt langwierigen Exorzismen unterworfen wurden, um ihre Unfruchtbarkeit und seine, wie es scheint, in Katatonie übergegangene Geisteskrankheit zu beseitigen. Am 25. März 1609 starb Johann Wilhelm ohne Erben, seine Ländereien dem Jülich-Klevischen Erbfolgestreit zwischen seinen Schwägern bzw. deren Söhnen überlassend. Die unklare, ja katastrophale Lage nach seinem Tod wurde deutlich darin, dass der Leichnam des Verstorbenen fast zwei Jahrzehnte (bis 1628) in einem Bleisarg in der von Alessandro Pasqualini errichteten Kapelle des Düsseldorfer Schlosses aufgebahrt und unbestattet blieb.
Bild: Herzog Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg (* 29. Mai 1562; 25. März 1609) war Bischof des Bistums Münster von 1574 bis 1584 und ab 1592 bis zu seinem Tod Herzog von Jülich-Kleve-Berg. Kupferstich von Domenicus Custos (1600-1602)