Vor dem hier dokumentierten zweiten Teil des Konzertes in Breslau (Vol. 72) wandte sich Bernhard Klee mit folgenden Worten an das Publikum:
Verehrte Damen und Herren,
entschuldigen Sie, dass ich dieses Konzert unterbreche mit Worten, wo keine eigentlich hingehören, aber dieses merkwürdige Programm, das heißt diese merkwürdige Reihenfolge braucht ein paar Worte, um Ihnen zu erklären, warum wir es so machen.
Dieses Werk von Schönberg ist Ihnen vertraut, uns auch; und was wir gemeinsam damit haben ist, dass es leider nicht Geschichte, leider nicht Vergangenheit geworden ist sondern grausame Gegenwart immer wieder geblieben ist. Und es ist gut, dass wir mittels der Musik nicht nur erheitern, nicht nur einschläfern, nicht nur wie ich mir erlaube sagen zu dürfen- seelische Kosmetik betreiben dürfen, sondern dass wir auch wach machen dürfen; dass wir berichten können und dass wir nicht nur vergessen lassen können; sondern dass wir versuchen zu sprechen miteinander: ohne Worte, ohne Dolmetscher.
Wir werden uns nie fremd über Musik, sondern wir kommen uns nahe, ganz egal welche Art von Musik wir hören und welche Inhalte. Und das besondere an diesem Programm ist, dass wir Sie als Zuhörer wie auch uns als Ausführende nach diesem Schönberg nicht allein lassen können. Bei aller Eloquenz der Musik glaubte ich und glaubten wir, meine Freunde, die es spielen, dass eine Antwort -welcher Art auch immer- nach diesem Schönberg notwendig sei.
Und es ist sicher möglich und oft getan worden, ein sehr schönes großes sinfonisches Werk dem anzuschließen. Dagegen spricht nichts. Bloß ich glaube, es würde beiden musikalischen Werken nicht genügen. Und deswegen entschlossen wir uns, den ursprünglichen Zustand des Requiems, das heißt: es ist ein Fragment, Mozart starb, es ist seine letzte Arbeit neben anderen- wiederherzustellen; glaubten wir, dass dieses Fragment vielleicht eine Antwort sein kann, zumindest eine Hilfe. Denn Mozart hat nicht vollendet und doch so viel Fertiges in diesem Stück hinterlassen! Und deswegen sollten Sie nicht überrascht sein, wenn wir dort abbrechen, wo Mozart aufhörte zu komponieren. Und ich glaube, dass eine Musik wie diese, und Worte wie die des Requiems, vielleicht eine kleine Antwort auf dieses grauenvolle Geschehen, was sich davor erzählt im Schönberg, sein kann.
Ich danke Ihnen!