Lebenslauf
Robert Schumann

Robert Schumann schrieb an Moritz Horn (Heinrich Moritz Horn (* 14. November 1814 in Chemnitz; † 23. August 1874 in Zittau) war ein deutscher Dichter und Novellist) in der Vorbereitung der Komposition von "Der Rose Pilgerfahrt":

"Düsseldorf, den 9. Juni 1851.
Erst heute, geehrter Herr, wird es mir möglich, auf Ihre letzten freundlichen Zeilen zu antworten. Ich saß tief in der Arbeit in der »Rose«; sie ist ein großes Stück vorwärts gekommen. Oft aber werde ich noch Ihre Hilfe in Anspruch nehmen müssen, vor Allem hinsichtlich des Schlusses. Wie wär' es, man ließe nach Rosas Tod einen Engelchor anheben. Rose würde nicht wieder zur Rose verwandelt, sondern zum Engel:

»Zu deinen Blumen nicht,
Zu höherm Licht
Schwing' dich empor etc.«

Die Steigerung: Rose, Mädchen, Engel scheint mir poetisch und außerdem auf jene Lehre höherer Verwandlungen der Wesen hinzudeuten, der wir ja Alle so gern anhängen. So fiele auch die trockne Reflexion weg, die mir gerade am Schlusse nie behagen wollte. Könnte man sich doch über so etwas aussprechen! Vielleicht verstehen Sie mich, wie ich es meine. In zwölf Zeilen ließe sich wohl die ganze Idee aussprechen. – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – – –

Möchten Sie denn meine Andeutungen nicht übel aufnehmen und mir bald ein Zeichen Ihrer Theilnahme zukommen lassen.
Ihr
ergebener
Robert Schumann.

Nachschrift: Es fällt mir noch Einiges ein. Manche der einzelnen Nummern in der Rose haben die Liedform in der Composition erhalten, würden daher sehr gewinnen, (wenigstens theilweise) wenn sie wiederholt werden könnten. Denselben Text zwei Mal nach einander zu singen, wäre kein guter Behelf. Aber es wird Ihnen freilich schwer werden, zu so abgeschlossenen Stücken noch neue Verse zu erfinden, indeß finden Sie sich vielleicht einmal zu einem Versuch aufgelegt. Diese Nummern sind:
Der Elfenchor:
Schwesterlein – in der Menschenbrust –
sodann die ganze Nummer:
Bist du im Wald gewandelt – deine Wunder zu.
Und das Hochzeitslied:
Im Hause des Müllers – schallt Hussah darein.

Freilich müßte nicht allein das Versmaas, sondern, wenn ich so sagen darf, auch die Interpunktion genau wie die der ersten Verse sein, damit die Wiederholung der Musik passe. Endlich brauche ich noch zu dem Liede: Zwischen grünen Bäumen – Locken, Haar und Brust, einen vierzeiligen Vers, in dem die Beschreibung der idyllisch gelegenen Mühle weiter ausgesponnen sein müßte.

Der Vers: Aber in dem Hause bliebe ganz weg und es schlösse sich der neuen Strophe gleich die an: »Von dem Greis geleitet« etc. Namentlich diese letzte Strophe wünschte ich gern bald zu haben, mit den Wiederholungen der größeren Nummern hat es Zeit.

Zweite Nachschrift. Noch eine Frage und Bitte. Wir treten wahrscheinlich im Juli eine Reise nach London an und ich hätte gern gewünscht, die Rose noch vorher in kleinerem Kreise hier aufzuführen. Sollte es Ihnen nicht möglich sein die Aenderungen und Zusätze, um die ich bat, bis dahin zu vollenden, so müssen wir uns natürlich behelfen, so gut es geht. Aber die andere Frage: Könnten Sie selbst nicht zu dieser Aufführung nach Düsseldorf kommen? Ich würde Ihnen dann den Tag der Aufführung noch genauer melden und wir würden uns sehr freuen, gerade in Ihrer Gegenwart das zarte Kindlein in die Taufe zu heben.
Vielleicht können Sie es möglich machen!
Ihr
ergebener
R. Sch."

Bild: Titelblatt des Autographen von "Der Rose Pilgerfahrt" mit Widmung Schumanns an den Musikverein.