(4) Fortsetzung und Schluss des Aufsatzes von Edgar Jannott zum Mendelssohn-Denkmal:
Sie ist übrigens wie die dortigen gleichgroßen anderen drei Büsten für Robert Schumann, Clara Schumann und Friedrich-August Burgmüller ein Geschenk der Düsseldorfer Jonges, also der Düsseldorfer Bürgerschaft, zum 25-jährigen Jubiläum der Düsseldorfer Tonhalle.
Auch in der musikalischen Würdigung beider Komponisten gibt es in Düsseldorf deutliche Unterschiede zwischen Mendelssohn und Schumann. Im vergangenen Jahr jährte sich der Geburtstag Robert Schumanns zum 200. Mal. Aus diesem Anlass wurde das Jahr zum Schumann-Jahr erklärt. Es gab zu Ehren des Komponisten viele Sonderveranstaltungen der Schumann-Institute, und die Düsseldorfer Symphoniker spielten praktisch sein Gesamtwerk ein. Ein Jahr zuvor wäre die Chance gewesen, den 200. Geburtstag Mendelssohns in gleicher Weise musikalisch zu feiern. Natürlich ist auch im Jahr 2009 im Erinnern an seinen 200. Geburtstag Musik von Mendelssohn in der Tonhalle aufgeführt worden. Aber von einem Mendelssohn-Jahr oder gar von einer Einspielung des Gesamtwerks wie bei Robert Schumann war nie die Rede. Ohne die oben erwähnte lobenswerte Mendelssohn-Ausstellung des Heinrich-Heine-Institutes und einige Sonderveranstaltungen auch anderer Institute hätte wohl kaum jemand in Düsseldorf des 200. Geburtstags von Mendelssohn gedacht.
Unsere Bundesregierung würdigt übrigens beide Komponisten stets in gleicher Weise. So wurden z.B. zum 150. Todestag sowie zum 200. Geburtstag beider Komponisten Sondermarken und Gedenkmünzen herausgegeben.
Wo liegt der Grund für das unterschiedliche Erinnern und Würdigen der beiden großen Städtischen Musikdirektoren ausgerechnet in Düsseldorf? Ich bin überzeugt, dass das Mendelssohnsche Vergessen in Düsseldorf nichts mit seiner jüdischen Herkunft zu tun hat, sondern nur eine Unachtsamkeit ist, weil es an entsprechenden Anstößen und Informationen gefehlt hat. Andere Städte, für die Mendelssohn wichtig war, wie zum Beispiel Leipzig, Berlin und Hamburg haben allerdings das Thema längst in Ordnung gebracht und die von den Nazis zerstörten Mendelssohn-Denkmäler und Erinnerungstafeln längst wieder errichtet. Wir sollten es auch endlich tun.
Auch in Düsseldorf hatte es allerdings schon Anfang der 1950er Jahre erste Bemühungen um die Wiederherstellung des Mendelssohn-Denkmals gegeben. So regte der damalige Düsseldorfer Rechtsanwalt Schütz, der spätere Kultusminister von Nordrhein-Westfalen, an, bei dem Opern-Neubau eine Wiederherstellung des Mendelssohn-Denkmals zu berücksichtigen. Seine Bemühungen schlugen aber fehl, weil angeblich die Baupläne für die Errichtung des neuen Opernhauses schon zu weit fortgeschritten waren. Deshalb schuf man als Ersatz für das große offizielle Mendelssohn-Denkmal eine kleine Büste, die man allerdings nur als Opernhaus-Besucher besichtigen kann.
Diese kleine Büste kann keine angemessene Würdigung für sein Wirken als Städtischer Musikdirektor in Düsseldorf sein. Diese kleine Büste kann auch nicht der Ersatz für das von den Nazis zerstörte große Denkmal und schon gar nicht die angemessene Wiedergutmachung für die in der Nazi-Zeit erlittene Verfemung sein.
Ich meine, die Stadt und ihre Bürgerschaft haben hier noch etwas gutzumachen. Eine westdeutsche Zeitung titelte dazu schon vor einigen Jahren: Eine beschämende Untätigkeit.
Erfreulicherweise hat die informative Mendelssohn-Ausstellung des Heinrich-Heine-Institutes vor zwei Jahren Mendelssohn und sein Wirken wieder in Düsseldorf in Erinnerung gebracht. Die positive Reaktion der Medien auf die Anregung von Professor Kortländer, endlich für das vernichtete Denkmal auch in Düsseldorf wieder Ersatz zu schaffen, gibt Anlass zur Hoffnung.
Ich selbst habe das Schumann-Jahr im vergangenen Jahr vorbeiziehen lassen, weil es mir während des Schumann-Jahres nicht sinnvoll erschien, für ein Gedenken an Mendelssohn zu werben. Aber gerade weil das Schumann-Jahr so großartig gefeiert worden ist und es ein Mendelssohn-Jahr zuvor nicht gab, drängt es mich nun umso mehr, mich für eine wenigstens gleichwertige Würdigung der beiden Musikdirektoren unserer Stadt einzusetzen, auch wenn an sich das Wirken Mendelssohns für die Stadt viel höher einzuschätzen ist.
Vor allem aber ist es mir ein Anliegen, für eine Wiedergutmachung der posthumen nationalsozialistischen Verfemung Mendelssohns zu sorgen. Dazu gehört für mich die Wiedererrichtung des zerstörten Denkmals, so wie es nach der Wiedervereinigung in Leipzig und nach dem Krieg in den anderen Städten längst geschehen ist. Bei meinen Gesprächen mit Herrn Lohe, dem Kulturdezernenten unserer Stadt, und auch an anderen Stellen bin ich bei diesem Thema fast immer auf offene Ohren gestoßen.
Herr Lohe (Düsseldorfer Kulturdezernent) hat jetzt dankenswerterweise die Sache in die Hand genommen und einen Verein gegründet, der sich zum Ziel gesetzt hat, das Mendelssohn-Denkmal wieder zu errichten. Er hat den früheren Kulturdezernent Dieckmann und auch unseren Düsseldorfer Oberbürgermeister Elbers für dieses Ziel gewinnen können. Herr Oberbürgermeister Elbers hat den Vorsitz des Vereins übernommen und bildet mit Herrn Lohe und dem früheren Kulturdezernenten Dieckmann den Vorstand des Vereins. Herr Professor Kortländer. der Musikvereinsvorstand und ich gehören mit einigen anderen Düsseldorfer Bürgern zu den Gründungsmitgliedern. Das Spendenkonto ist eingerichtet, und wir freuen uns über jede Spende gleichgültig, ob groß oder klein. Für uns ist jede Spende ein wichtiges Zeichen und ein wertvoller Beitrag zur Wiedergutmachung des Unrechts.
Am 3. August 1901 wurde das alte Mendelssohn-Denkmal von den Düsseldorfer Bürgern eingeweiht. Es wäre ein schönes Datum, wenn wir am 3. August d. J. genau 110 Jahre später das neue einweihen könnten. Rein technisch wird es wohl nicht mehr zu schaffen sein. Aber wenn wir bis zu diesem Datum wenigstens die finanziellen Mittel zusammengetragen hätten, wäre viel und genau das erreicht, was ich mir wünsche.
Damit bin ich bei dem dritten Teil meines Vortrages, bei meinem Anliegen:
Ich meine, das neue Denkmal sollte wie das damalige Denkmal von den Düsseldorfer Bürgern gespendet werden. Dafür werbend bin ich mit dem Vorstand der Gesellschaft der Freunde und Förderer der Düsseldorfer Tonhalle, des Industrie-Clubs und der Düsseldorfer Jonges im Gespräch. Bei allen drei für unsere Stadt so wichtigen und angesehenen Bürgervereinigungen bin ich erfreulicherweise auf spürbares Interesse gestoßen, was mich auf eine finanzielle Hilfsbereitschaft hoffen läßt.
Es sollte Aufgabe der Stadt sein, für einen geeigneten Standort und ein würdiges Umfeld zu sorgen. Wie durch ein kleines Wunder ist ein Gipsform des Mendelssohn-Denkmals erhalten geblieben. Man braucht also nicht einmal über einen neuen Entwurf zu streiten. Wir brauchen lediglich etwa Euro 120.000 für einen Nachguss, um für Düsseldorf endlich das in Ordnung zu bringen, was andernorts längst geschehen ist.
Wir haben die Chance, als Bürger, die sich unserer Stadt verbunden fühlen, spät aber nicht zu spät etwas wieder gutzumachen zum einen, um dem Wirken Mendelssohns für unsere Stadt gerecht zu werden und zum anderen, um endlich ein deutliches Zeichen dafür zu setzen, dass die antisemitische Verfemung eines Menschen auch von uns Düsseldorfern nicht toleriert wird. Ich würde mich deshalb sehr freuen, wenn Sie einen finanziellen Beitrag für die längst überfällige Wiederherstellung des Mendelssohn-Denkmals leisten würde.
Dr. Edgar Jannott im April 2011"
Bild und Kurzbiographie:
Dr. Edgar Jannott ist der ehemalige Vorstandsvorsitzende der Victoria Vers. Ges. e.G. und deren späterer Aufsichtsratsvorsitzender und heutiger Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates der ERGO Versicherungsgruppe AG. Dr. Jannott war über lange Jahre Vorsitzender des Vorstandes des Vereins der Freunde und Förderer der Tonhalle Düsseldorf e.V. In dieser Verantwortung war er die treibende Kraft zur Verbesserung der misslungenen Akustik beim Umbau der Rheinhalle zur heutigen Tonhalle in den 70ziger Jahren. Nach erneutem Umbau im Jahr 2005 hatten seine Bemühungen, die Aktivitäten der Gesellschaft und der Stadt den ersehnten Erfolg. Es konnte ein Konzertsaal mit einer weltweit anerkannten und unvergleichlichen Optik wie Akustik realisiert werden. Neben vielen anderen Verdiensten ist Dr. Jannott ein großer Förderer der allerersten Stunde des Musikvereinsprojektes "SingPause - Singen an Düsseldorfer Grundschulen".