Schallarchiv
Mendelssohn Bartholdy: Symphonie Nr. 2 “Lobgesang”

„Wir riefen aus der Finsternis: Hüter, ist die Nacht bald hin?“

Es gibt Zufälle, die an Brisanz nicht mehr zu überbieten sind; so auch der Umstand, ausgerechnet diese Zeilen aus Mendelssohns „Lobgesang“ im Mai 1989 in Berlin, Dresden und Leipzig vom Konzertpodium aus den aufmerksamen Zuhörern in der DDR entgegen zu singen. Und wenn auch die dem Chor und Orchester von offizieller Seite „zur Seite gestellte“ Begleiterin der staatlichen Künstleragentur entrüstet anmerkte „…aber wir sind doch nicht in der Finsternis!!!“, so glaubten die Musiker aus Düsseldorf doch mehr als einmal zu spüren, in welcher Weise der bange Ausruf des dramatischen Tenorrezitativs ihren höchst persönlichen Lebensraum betraf. Kann man das heute, fast 20 Jahre später, noch nachvollziehen? Diejenigen, die damals dabei waren –gleich auf welcher Seite- werden Erinnerungen an die 6 Konzerte in der untergehenden „Deutschen Demokratischen Republik“ haben, die auf Grund ihrer besonders für uns Deutsche politischen, wirtschaftlichen und vor allem menschlichen Einmaligkeit unvergleichlich bleiben; unvergleichlich mit allem, was war und noch kommt!

Wie unterschiedlich Sichtweisen sein können –trotz doch unzweifelhaft gemeinsamer kultureller Wurzeln- belegte auch die uns gestellte Frage, wieso wir denn mit der Missa von Schumann und dem Lobgesang von Mendelssohn ein so rein „geistliches“ Programm böten. („Sind Sie ein Kirchenchor?“)

Der Städtische Musikverein zu Düsseldorf ist stolz darauf, dass durch seine Initiative und Beharrlichkeit im Frühjahr 1989 diese grandiose Konzertreise verwirklicht werden konnte. Nachfolgende Generationen werden sich schwer tun, die Bedeutung des damaligen Unternehmens wirklich richtig einordnen zu können; die vorliegende Aufnahme aus der damals immer noch so geschundenen Kulturmetropole Dresden möge auf ihre Weise hierzu ein „Denk-mal!“ sein:

„Die Nacht ist vergangen…..!“

Mehr noch als die Semperoper ist der Wiederaufbau der Frauenkirche in Dresden Symbol für Vergangenheit und Zukunft geworden.

1989 ein Trümmer- und Ruinenberg, links das alte, rechts das neue Kuppelkreuz.