Es gibt Werke, die entziehen sich in ihrer Wirkung selbst den modernsten, multimedialen Übermittlungstechniken; die monumentale 8. Symphonie von Gustav Mahler gehört dazu. Der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf gehört wohl weltweit zu den Ensembles, die sich im Laufe ihrer Geschichte am häufigsten mit Mahlers Klanguniversum auseinandergesetzt haben: Schon 1912 (mehr als 1.000 Mitwirkende!) wollte man mit der Uraufführung in München nahezu gleichziehen. Es folgten 30(!) Aufführungen, verteilt über die prominentesten Konzertorte Europas und den USA.
Internationale Spitzendirigenten wie Bernard Haitink, Michael Tilson-Thomas, James Conlon und Lorin Maazel leiteten dabei den Chor. Was jedoch im Jahre 2010 in Duisburg geschah, stellt sicher alles bislang gehörte in den Schatten. Aus der gesamten Region fanden sich unter dem organisatorischen Dach RUHR.2010Kulturhauptstadt Europas über 1.300 Musiker und Sänger zusammen, um das Größte, was ich bis jetzt gemacht (Mahler) exakt 100 Jahre nach der Uraufführung erneut zu musizieren. Schon die Anzahl der Ausführenden würde eine ausverkaufte Vorstellung an der Berliner Staatsoper bedeuten. Es war also klar, dass kein konventioneller Konzertsaal diesen Anforderungen hätte gerecht werden können. Ungewohnt, weil weit ab jeglicher kultureller Nutzung einst gebaut, bot sich die 170 m lange und 34 m breite Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord an.
Hier konnten neben den Ausführenden bequem mehr als 2.500 Zuhörer Platz finden. Die Aufführung am 12.9.2010 war binnen weniger Stunden ausverkauft. Für die daraufhin zur Voraufführung erklärte, öffentliche Generalprobe war ebenfalls in kürzester Zeit keine Karte mehr zu bekommen. Der WDR entschloss sich kurzfristigst, das Konzert (besser dieses Event) als Sondersendung ins Programm zu nehmen, das Fernsehen und zahllose Printmedien berichteten ausführlich. In Anwesenheit des Bundespräsidenten wurde zu Beginn der Aufführung der 21 Toten und zahlreichen Verletzten gedacht, die Wochen zuvor bei einer Massenpanik anlässlich der Loveparade in Duisburg zu beklagen waren.
Künstlerisch wurde diese Symphonie der Tausend nicht nur ihrem Beinamen gerecht, sondern auch ein gewaltiges und zutiefst bewegendes Erfolgserlebnis für alle, die dabei gewesen sind. Lorin Maazel bewies grandios mit seiner souveränen Unaufgeregtheit, welch hohe künstlerisch-menschliche Kompetenz er in seiner Person vereinigt, auch noch im ja schon beachtlichen Lebensalter von über 80 Jahren. Der Städtische Musikverein zu Düsseldorf ist stolz darauf, an diesem Projekt als einer der mit dem Werk vertrautesten Mitwirkenden erfolgreich teilgenommen zu haben: ein Markstein in seiner langen, bald zweihundertjährigen Geschichte: Das Unbeschreibliche, hier ists getan!
Bild 1: Steven Sloane, Lorin Maazel, Fritz Pleitgen
Bild 3: Lorin Maazel, Manfred Hill