Lebenslauf
Hugo Balzer

Im Jahrbuch der Robert-Schumann-Hochschule (RSH 2009/2010) erschien im April 2010 eine Arbeit der Musikwissenschaftlerin Yvonne Wasserloos (Bild) von der Robert-Schumann-Hochschule zur Rolle des Institutsgründers Hugo Balzer in der Nazizeit mit folgendem Titel:

Musikerziehung im Dienst der „Volksgemeinschaft“.
Hugo Balzer und das Robert-Schumann-Konservatorium im „Dritten Reich“
Yvonne Wasserloos

Aus dieser Arbeit möchten wir den höchst interessanten und aufschlussreichen Abschnitt "Eröffnungen" an dieser Stelle zitieren. Die Arbeit legt die Verstrickungen des GMDs Hugo Balzer in der Nazizeit offen und bestätigt unsere kritischen Anmerkungen in diesem Musikvereinslebenslauf zur schwierigen Zeit von 1933 bis 1945 in vollem Umfange. Der Robert-Schumann-Hochschule und Frau Wasserloos ist für die kompromisslose Offenheit in dieser Frage zu danken. Die gesamte Ausarbeitung findet der Leser unter www.rsh-duesseldorf.de.

"Eröffnungen
Die Eröffnungsfeier am 7. Januar 1935 fand vor geladenen Gästen statt, zu denen hochrangige nationalsozialistische Parteifunktionäre des Gaus Düsseldorf und der Stadtverwaltung genauso gehörten wie andere in Düsseldorf Musikschaffende sowie die Lehrer und Schüler des Schumann-Konservatoriums.(30) Ebel ergriff zuerst das Wort und betonte, dass die Errichtung des Konservatoriums „ein weiterer Abschnitt im Kulturplan der nationalsozialistischen Stadtverwaltung“ sei. Besonders die Benennung nach Robert Schumann sei ein „kleiner Dank an diesen großen Meister“, dessen Wirken in der Stadt – in Verdrängung der Tatsache des eher unglücklichen Agieren Schumanns – „von so großer Bedeutung für das Musikleben“ gewesen sei.(31) Ironischerweise hatte der auch anwesende Lehrer und spätere Direktor des Konservatoriums, Dr. Joseph Neyses,(32) 1927 einen Aufsatz veröffentlicht, in dem er Schumanns Arbeit in Düsseldorf kritisch betrachtet hatte.(33) Allein: es blieb nur Robert Schumanns Name, der nach 1933 repräsentativ genutzt werden konnte. Die beiden anderen Komponisten, die ebenfalls im 19. Jahrhundert belebend für Düsseldorf gewirkt hatten, kamen nicht in Frage. Norbert Burgmüller war höchstens als Regionalgröße populär geworden. Der andere, der wirklich Fortschrittliches geleistet hatte, war Schumanns Zeitgenosse und Freund gewesen, fiel aber aufgrund seiner jüdischen Wurzeln einer Damnatio Memoriae in Düsseldorf und im übrigen Reich zum Opfer: Felix Mendelssohn Bartholdy.(34)

Balzer begründete nachfolgend in seiner stromlinienförmigen Rede die Wahl des Namens „Robert Schumann“ damit, dass dieser „für uns ein Symbol sein [soll], – der Name eines im reinsten Begriff-Sinne
d e u t s c h e n G e n i e s – reinsten Menschen. Wir wissen, wie sehr er uns verpflichtet – verpflichtet als Sinnbild einer zutiefst im deutschen Sinne verwurzelten Musikgesinnung ...“(35) Durch die Verwendung des Wortes „Genie“ argumentierte Balzer ganz im Sinne der nationalsozialistischen Kulturideologie. Der Begriff wurde dort mit dem des „Führers“, des „starken Mannes“ verschmolzen. Auch die Stilisierung Hitlers zum „Genie“, zum charismatischen „Herrscher“ wurde zum Anspruch auf seine geistige und politische Allmachtstellung nach dem „Führerprinzip“ herangezogen. Der Geniekult der Nationalsozialisten sollte somit die Hierarchie zwischen „Führer“ und „Volk“ unterstreichen und damit den totalitären Macht und Repräsentationsanspruch legitimieren.(36) Dem nachfolgend definierte Balzer als Erziehungsziel die Vermittlung jener Werte an die Schüler, die verdeutlichten, „wie die treueste Erfüllung ihrer bei uns übernommenen Pflichten eine Gewähr gibt für ihre Eingliederung in den grossen Kreis ihrer Lebensaufgaben und in i h r Volk.“

Bild: Titelblatt zur Broschüre zur Ausstellung "Entartete Kunst" und Entartete Musik Hand in Hand (Bildarchiv preußischer kulturbesitz)