Musikdirektoren/Chorleitung
Herbert Zipper

Ein fast vergessener Musiker

Herbert Zipper - von der Tonhalle übers KZ Dachau bis nach Manila

von Sebastian Feldmann im Jahre 1993 (Auszug aus dem Beitrag für die Jubiläumsschrift 175 Jahre Musikverein im Jahre 1993).

Kein Düsseldorfer Archiv nannte seinen Namen; keine Gehaltsabrechnung kündete von seiner Tätigkeit; kein Programmzettel seiner Mitwirkung bei Konzerten in dieser Stadt scheint erhalten: Herbert Zipper, jetzt bald 90, geboren 1904 in Wien, Komponist, Dirigent, Musikpädagoge, wirkte von 1931 bis 1933 in Düsseldorf, unter anderem beim Musikverein. Doch ist sein Name vom Winde verweht, seine Spur verwischt.

Die Ursachen müssen vielfältig sein. Zipper selbst vermutet, dass die Nazis nach 1933 die entsprechenden Akten "bereinigt" haben, denn er ist Jude. Andere Unterlagen - etwa im Musikverein - sind aus Zeit- und Platz- und Geldmangel wohl noch nicht archivarisch erschlossen. Weitere Dokumente könnten den Feuern des Kriegs zum Opfer gefallen sein. Am Telefon gab Zipper auch zu bedenken, dass seinerzeit oft allein das Wort zum Abschluss eines Arbeitsvertrages reichte - ohne Schriftform.

Dieses Jubiläum (175 Jahre Musikverein im Jahre 1993) gibt Gdelegenheit an einen faszinierenden Musiker zu erinnern, dessen wildbewegter Lebensweg eine Zeitlang Düsseldorf und den Musikverein streifte und der mit seinen 90 Jahren gewiss der letzte ist, der mit immer noch bestechender Gedächtsnisleistung Zeugnis ablegen kann über die Jahre 1931 bis 1933 in Düsseldorf, ehe die Kunst im Strudel der nationalsozialistischen Kulturpolitik auf "arisch" gleichgeschaltet, kurz- und kleingeschnipselt wurde (wobei man aus Publikumsrücksichten oder Panik allerdings etliche Juden wie Leon Jessel - "Das Schwarzwaldmädel" - oder die Wiener Walzerkönige Johann Strauß und Söhne geflissentlich ausnahm beziehungsweise "arisierte"). Aufgefunden wurde der Komponist und Dirigent Zipper mitsamt seinen Düsseldorfer Jahren von dem Berliner Musikjournalisten Albrecht Dümling und dem Berlin-Düsseldorfer Intendanten Peter Girth (jetzt Darmstadt), als sie 1988 für die Tonhalle die Nazi-Ausstellung "Entartete Musik" (1938) kommentierend rekonstruierten. Dümling hatte Zipper in Los Angeles besucht und interviewt. Er lenkte meine Neugier auf den Vergessenen. Unterdessen schrieb Paul Cummings seine Zipper-Biographie "Dachau-Song".

Die Unterlagen, die mir Zipper nach einem langen, angeregten Telephonat aus Los Angeles schickte, sind karg, aber aussagekräftig. Ihm, dem Flüchtling und Verfolgten, sind im Sturm der Zeiten nicht viele Zeugnisse seiner Vergangenheit übriggeblieben. Ab 1931 unterrichtete Zipper am Buths-Neitzel-Konservatorium (Leitung: GMD Hans Weisbach) Korrepetition und Praktische Dirigierübungen. Mit im Lehrkörper Theo Kreiten, Klavier, der Vater des 1944 von den Nazis hingerichteten Pianisten und Arrau-Schülers Karlrobert Kreiten.

Ein Brief von Hans Weisbach als GMD ja auch für den Musikverein zuständig, ist ebenfalls erhalten. In ihm schreibt dieser schon am 27. März 1931 enthusiastisch an Emil Zipper, den Vater, nach Wien: "Von allen Seiten hörte ich, wie glücklich man über die Tätigkeit Ihres Sohnes war. Überall hat man ihn liebgewonnen. Und ich selbst hatte die schönste Überraschung, daß der Chor tadellos einstudiert war. Stellen Sie sich vor, daß ich hier noch bis zwei Tage vor dem Konzert zu Bett gelegen habe, so daß ich überhaupt erst zur Hauptprobe erscheinen konnte. Hätte Herbert nicht alles bis ins letzte einstudiert, hätte ich das Konzert überhaupt nicht dirigieren können ... Inzwischen sind wir nur durch die Erlebnisse der letzten Wochen, in denen Herbert uns die wertvollsten Dienste geleistet und sich als ganz wunderbarer Freund erwiesen hat, noch mehr zusammengewachsen".

Auszug: Der komplette Text ist in der Jubiläumsschrift 175 Jahre Musikverein nachzulesen.