Zu dieser Aufnahme:
Es ist kaum zu glauben, aber der dem Städtischen Musikverein zu Düsseldorf gewidmete „Paulus“, dessen Uraufführung der Komponist am 22. Mai 1836 höchst selber in Düsseldorf anlässlich des 18. Niederrheinischen Musikfestes leitete, wurde dem Konzertpublikum der Landeshauptstadt zuletzt in den Konzerten vom 25. und 26. März 1971 (!) angeboten. Der Chor des Musikvereins gastierte anschließend mit dem Werk in Duisburg (30.5./1.6. 1972), beim Flandern Festival in Tongeren (17.6.1972), sowie beim 15. Deutschen Evangelischen Kirchentag (28.6.1973) und aus Anlass des Katholikentages am 02.09.1982 in Düsseldorf. Die Vorbereitungen zu jener legendären Schallplatteneinspielung vom Oktober/November 1976 sowie Januar 1977 waren wegen der Bedeutung dieser Produktion eine Neueinstudierung, blieben aber mit Blick auf die Studio-Bedingungen dem Publikum nicht zugänglich. Nach 1971 ist das Jubiläums-Konzert vom 20. April 2018 also eine „Wiederentdeckung“ für Chor und Konzertpublikum in der Tonhalle nach sage und schreibe 47 Jahren.
Wenn nun der Städtische Musikverein auf eine 200jährige Tradition zurück blickt, könnte man sogar insofern weiter denken, dass doch auch unser Orchester, die Düsseldorfer Symphoniker, ihrem tiefsten Ursprung nach genau im besagten Jahr 1818 ebenfalls die allerersten Anfänge finden. Zwar waren damals die heutigen professionellen Strukturen noch in weiter Ferne, gleichwohl liegen die weitesten Ausläufer der Wurzeln bürgerlich-städtischer Musikkultur Düsseldorfs ebendort. Intendant Michael Becker hatte also Recht, wenn er bei seiner Ansprache am Jubiläumsabend darauf hin wies, dass aller Anfang des Musiklebens im Düsseldorf unserer Tage –zumindest was die Konzerte anbelangt- im Jahr 1818 zu suchen ist, und somit wir heute auf der Bühne in Chor und Orchester die Ur-Ur-Ur-Ur-Nachfahren der Musikerinnen und Musiker von damals begrüßen dürfen, die sich nun zu diesem Festkonzert in der Tonhalle des Jahres 2018 versammelt haben.
Und damit fällt dem hier vorliegenden Tondokument eine ganz außerordentliche Wichtigkeit zu, zumal dies die einzige Aufnahme des „Paulus“ aus der 1978 eröffneten Tonhalle darstellt.
Dr. Wolfram Goertz (RP) schrieb dazu u.a.: „…der Chor der Jubilare: unbestechlich, höhensicher, die Gunst der Stunde und des geneigten Publikums nutzend und alles einsatzfreudig nach vorne werfend. Vor allem gefielen die Klarheit in den Fugen, die präzise Deklamation, die stilistisch ansprechend gestalteten Choräle. Und trotzdem immer wieder leise schwebende Momente voller Innigkeit…“ Ferner las man von „Feinschliff, schwebenden Akkorden und metaphysischer Transparenz (MGM/NRZ)“ sowie „großer Wucht und starkem Temperament (Lars Wallerang/WZ)“.
Nach Rafael Frühbeck de Burgos ist Axel Kober nunmehr der Dirigent, Michael Nagy nach Dietrich Fischer-Dieskau der Interpret der Titelpartie. Einhelliger, lang anhaltender, begeisterter Jubel für ein Jubiläumskonzert, das in Inhalt und Ausführung Maßstäbe gesetzt hat.
-Rainer Großimlinghaus-
P.S.: Die Gestaltung der Cover für die Dokumente des Schallarchivs orientieren sich üblicher Weise an den örtlichen Gegebenheiten, wo die dokumentierten Konzerte stattgefunden haben. Für die meisten Aufnahmen ist dies die Tonhalle in Düsseldorf. Hier nun eine Ausnahme, da es sich ja um ein ganz außergewöhnliches Konzert handelt: Es wurde das Cover-Bild der EMI-Einspielung aus den Jahren 1976/77 gewählt, um eine Verbindung beider denkwürdigen Ereignisse zu verdeutlichen.