Lebenslauf
Felix Mendelssohn Bartholdy

Musikfest = Düsseldorf - 18. Niederrheinisches Musikfest am 22. und 23. 5. 1836

Der im vorangegangenen Eintrag zu lesende Brief Nr. 15 hatte einen interessanten Anhang, in dem Mendelssohn sich wieder mit dem Programm aber auch und vor allem mit den Solisten beschäftigte:

„Herrn Assessor F. von Woringen
Hochwohlgeb. in Düsseldorf
Soeben empfange ich noch Deinen Brief vom 19ten und schicke daher diese Antwort mit der Schnellpost, während die Partituren mit der Fahrpost gehen. Ich bitte Dich, mir den Empfang derselben umgehend anzuzeigen, weil mich dann die Nachricht noch hier antrifft, da ich erst am 1ten Mai fort kann. Die Partituren haben durch ein Missverständnis heut nur durch besondere Empfehlung des Postraths abgehen können, weil dergleichen zuweilen unsicher ist, so wünsche ich sehr bald den Empfang von Dir bestätigt zu sehen. Über Schindlersche Grobheiten ärgere ich mich jetzt wol weniger als sonst, aber es ist Schade, dass die Ouvertüre uns nun entgeht. Da Du schreibst, dass die dortigen Abschreiber sehr besetzt sein werden, so lasse ich die Partitur der Olympia Ouvertüre hier anfertigen, und bringe sie mit, wenn nämlich sich das Comité noch dafür entscheidet. Ich gestehe, dass mir die Webersche zum Beherrscher der Geister, ja selbst die zum Oberon oder Freischützen viel lieber wäre;
1) weil sie mir viel besser gefallen,
2) weil die Spontinische so sehr mäßig und lärmend, gar keinen Ruhepunct am zweiten Tage gäbe,
3) weil die Weberschen (welche es auch sei) eine gute Einladung zur Cantate machten,
4) weil der Umstand, dass Olympia noch nicht gemacht ist, zwar für das Programm gut wäre, aber für das Koncert am Abend selbst doch fast gleichbedeutend, da es darin nur darauf ankommt, wie das Stück Eindruck macht, nicht ob es ein neues ist.

Indeß bitte ich um Entscheidung, und sofortige Antwort, die in 9 Tagen, also noch vor meiner Abreise hier sein kann. Die bestimmte Ouvertüre bringe ich dann, (falls sie dort nicht ist) in der nötigen Anzahl Stimmen und die Partitur selbst mit. Das hiesige Concert will seine Stimmen der Ouvertüre zum Feste leihen. Da dieselben dann gleich in genügender Anzahl da sind, und nicht doubliert zu werden brauchen, so ist es wohl früh genug, wenn sie mit mir zugleich abgehen. Ich muß einen Zettel einlegen. – vide.
Ueber den Text der Erndte-Cantate überlasse ich, wie schon gesagt, Dir ganz die Bestimmung, da ich den Cölner Text gar nicht kenne. Die Schroeder-Devrient ist für den Augenblick in Breslau, um Gastrollen zu geben, und dort krank geworden, wie ich heut erfahren habe. Ein Brief an sie würde also ganz vergeblich sein, indem sie auf keinen Fall, auch bei dem größten Honorar kommen könnte.
2 Baßsolos sind im Paulus zwar, jedoch das zweite sehr kurz und unbedeutend, nur wenig Stellen enthaltend. Ob Dumont oder Versing besser für das Hauptsolo wäre, weiß ich nicht – jedoch meine ich der letztere, da er doch wohl besser recitieren wird, worauf es hierbei am meisten ankommt. Aber freilich müsste er sehr fest lernen und sehr fleißig studieren. Dann müsste Dum. Cantate und Symph. singen. Will oder kann Versing aber nicht so theile es ein, wie Zeit und Umstände es gebieten; Dumont wäre mir auch dann recht. Und wie wird es wegen Herrn Nauenburgs?
Die Grabau verlangt nur die Reise- und Aufenthaltskosten, sonst kein Honorar.
Es thut mir sehr leid, bis zum 1ten Mai nicht bei Euch sein zu können, es ist mir aber wegen hiesiger Verheltnisse unmöglich. Vom 9ten an bin ich dagegen zu Proben etc. disponiert. Dieser Brief trifft am 25ten in Düsseldorf ein, wenn Du also am 26ten mir antwortest, so erhalte ich Deinen Brief am 30ten, Freitag, 2 Tage vor meiner Abreise von hier.
Wegen der Soloinstrum. habe ich schon geantwortet. Der Cölner Fagotist hieß Schröder.
Lebewohl und grüße mir die Deinigen, danke Steinbrück vielmal für seinen lieben Brief und sage ihm, ich wolle ihm in diesen Tagen noch selbst danken.
Dein Felix M.B. – verte

Ich bitte Dich, mir für einige Bekannte im Breidenbacher Hofe auf die Tage des Festes, etwa von Donnerstag vor Pfingsten an, eine Stube mit 2 Betten zu bestellen, da ich ein alter Kunde dort bin, so wird Felner wohl herausrücken müssen, um so mehr, wenn Du es ihm dringend machst.“

Bild: Breidenbacher Hof - Bild eines Teils der prunkvollen Innenausstattung dieses berühmten Düsseldorfer Traditionshotels.