Lebenslauf
Clara Schumann

Zum Begrüßungsabend schrieb Clara Schumann in ihr Tagebuch:

"Das war ein schrecklicher Tag! von früh bis abends 6 Uhr war ich im Logis und hatte kaum Zeit, mich zu dem bevorstehenden Feste umzukleiden, wo wir dann auch nicht wenig ermüdet hinkamen. Beim Eintritt in den Saal wurde Robert mit einem dreimaligen Tusche empfangen, und bald begann die Genovevaouvertüre (Tausch, Klavierlehrer und Spieler, früher von Mendelssohn hierher empfohlen), die in Betracht einer einzigen Probe ganz leidlich ging. Diesem folgten "Du meine Seele", "Die Lotosblume" und "Wanderschaft", .... das erste von Fräulein Hartmann (mit schöner Stimme, aber zu wenig warm), das zweite von Fräulein Altgeld (für eine Dilettantin sehr hübsch), das dritte von Herrn Nielo (auch hübsch) gesungen. Den Beschluß des Konzertes machte der zweite Teil der Peri. Auch dieser wurde ganz hübsch aufgeführt, einige nicht ganz richtige Tempi abgerechnet.... Es machte uns Vergnügen, einmal zuhören zu können, ohne selbst aktiv zu sein. Herr Tausch dirigierte ganz gut, wäre der Mann nur sonst persönlich angenehmer; er hat etwas ... in seinem Gesichte, an das ich mich durchaus nicht gewöhnen kann.
Nach dem Konzerte ging´s zum Souper, wo es sehr lebendig zuging. Wir saßen mit Schadows, Hillers (die beide von Köln gekommen waren), Dr. Müllers, Hasenclevers und anderen zusammen. Zu essen gab es aber blutwenig, daher wurde auch jedes Gericht allemal mit einem Hurra empfangen, was uns sehr komisch vorkam.
Herr Wortmann, Beigeordneter (als Vertreter des abwesenden Bürgermeisters) hielt die erste Rede, die aber, da sie bei Erschaffung der Welt begann, so lang war, daß er kaum vor Lärmen zu Ende kam: es war für uns sehr fatal, denn der Toast galt dem Robert, und ich war froh, als er glücklich zu Ende war. Dem folgten noch verschiedene Toaste auf Hiller, mich und Tausch, als Direktor der heutigen Musik. Euler (überhaupt das musikalische Faktotum hier) brachte auf mich einen sehr hübschen Toast aus. Nach dem Souper begann der Ball, wir waren aber zu müde, gingen daher fort."

Bild: Programmheft für die Begrüßung (Innenseite) mit dem im vorgenannten Tagebucheintrag von Clara Schumann geschilderten Programm.

Nielo, August Rudolf, geb. 26.11.1816 Elberfeld, gest. 16.5.1872 Berlin, Konzertsänger (Tenor), Rezitator, Dichter und Übersetzer von Byron, Tennyson u.a., 1864-1872 als Lehrer in Berlin tätig.