Bobby McFerrin dirigierte ein Improvisationskonzert in der Tonhalle - eine ganz neue Erfahrung für den Musikverein und hier die Nachlese unseres Pressereferenten zu diesem ungewöhnlichen Konzert:
Er kam, sah --- und sang alle in seinen Bann, dieser Mr. Bobby Mc-Stimmwunder, dieser Allein-Alle-Unterhalter, dieser Improvisations-Verzauberer. Einige von uns kannten ihn nicht, nicht mal seinen Namen. Dont worry, be happy!, ach der ist das! Jeder, der konnte, ließ sich auf dieses kleine ungewisse Abenteuer ein, schaufelte seinen Terminkalender frei, reaktivierte sich und war zur Mikrofon-Probe da. Nicht, dass man um 18 Uhr geprobt hätte, was dem Publikum zwei Stunden später live geboten werden sollte, es ging allein um die Technik und die Sitzverteilung. Nur einen Rat gab uns dieser Weltstar auf den Weg: First think, then sing!
Dann der große Auftrittsapplaus für 40+1 Musikvereins-Auserwählte ein Stuhl fehlte und musste flugs (in grün!) herbeigeschafft werden: Sonderapplaus! Dann wurde es ernst, nein ganz und gar nicht: ER erschien auf der Bühne. Der Saal toste
und er gebot Ruhe. Kurze Konzentration und 90 Minuten voll atemberaubender, faszinierender, unbeschreiblicher Stimmakrobatik nahmen ihren Lauf, und wir mitten drin, hautnah! Fetzen aus Barock und Klassikelementen verschmolzen zu mehrstimmigen Jazzimprovisationen, Körper und Kehle verstärkten die Resonanzräume mit Hilfe der Mikrofontastatur. Er hatte alles und alle im Griff.
Er sang vor, geduldig, und wir sangen nach, ausdauernd, bis zum abrupten Abwinken, keiner klappte nach. Es dauerte nicht lange, und unsere gewohnte, leicht angespannte Konzert-Konzentrier-Haltung fiel von uns ab, zunehmend lockerte sich alles an uns: zuerst gingen einige Füße in ein verstecktes Wippen über, dann ging eine Schnippbewegung durch die Fingerspitzen und endlich strömte Entspannung über alle Gesichter! Wenn wir unsere Phrase hatten, hellten sich seine Züge auf, seine Fröhlichkeit übertrug sich gleichermaßen auf uns und das Publikum! Und auch dort pickte sich der Meister des Duettierens schöne Stimmen raus: Chornachwuchs öffentliche Stimmprobe bestanden, so tuschelten wir, Jury und Publikum zugleich! Ach was kann Musik schön sein! Auf dem Höhepunkt war schon alles aus, er schickte uns von der Bühne und verschwand in seinem Zimmer, der Saal tobte, und wir hinter der Bühne unschlüssig: er kann doch das Publikum nicht so hängen lassen! Endlose Minuten verstrichen, der Saal applaudierte unverdrossen, die Managertelefone liefen heiß, es gab auch beruhigende Signale hinter der Bühnentechnik: nur Geduld, er kommt - ganz sicher - noch einmal, jedenfalls sonst - meistens immer
Und er kam tatsächlich, kaute noch an irgendwas herum, eroberte zum zweiten Mal die Bühne und Herzen des voll besetzten Saales, improvisierte Hummeln, zog noch einmal alle Register seines endlosen Stimmumfangs, verstummte ein letztes Mal und verschwand mit einem See you wieder in seiner Umkleide: von wegen umziehen, er holte nur einen Mantel und verschwand einer Sternschnuppe gleich in einer dunklen Limousine in der Düsseldorfer Nacht: ein Stern, ein Welt-Star hatte uns seine Aufwartung gemacht, und wir waren dabei!
14.11.03 Georg Lauer"
Bild: Mr. McFerrin mit unseren fröhlichen Damen nach dem Konzert