Nach 1991 war dies für den Städtischen Musikverein die 2. Begegnung mit der höchst
anspruchsvollen 3. Bernstein-Symphonie Kaddish. Da der Chor in den zurückliegenden 16 Jahren einen deutlichen Generationswechsel vollzogen hatte,
waren unter den Sängerinnen und Sängern des Jahres 2007 vergleichsweise wenige, die sich noch an die Einstudierung durch Hartmut Schmidt erinnern konnten. Somit sah sich Marieddy Rossetto mit der Notwendigkeit einer völligen Neueinstudierung konfrontiert. Die Mischung aus hebräischer Sprache, tonlich oft extremen
Anforderungen und den für Bernstein so typischen rhythmischen Gegenläufigkeiten (The Bernstein Beat) stellte den Chor vor keine leichte Aufgabe. Marcus Bosch, derzeit viel beachteter und hochgeschätzter Musikchef in Aachen (und dort als zweiter Karajan gefeiert) leitete den wie er selber im Einführungsvortrag feststellte: gigantischen und in seinen Ausmaßen von mir anfänglich völlig unterschätzten Apparat von mehr als 250 Mitwirkenden- mit Leidenschaft und Präzision. Die Sensation des Abends war sicher Brigitte Fassbaender als Sprecherin des Bernstein-Textes; ein großer Gegensatz zu Gert Westphal (siehe Vol. 51)! Sie bestach durch enorme Textverständlichkeit und Musikalität, wobei sie das empfindliche Gleichgewicht zwischen Pathos und Glaubwürdigkeit immer zu halten wusste. Für den Musikverein kamen zahlreiche Erinnerungen wieder: München, Berlin und Düsseldorf hatten in Konzerten und Schallplattenproduktionen Chor und Solistin mehrfach zusammengeführt. So konnte man sich auch diesmal über 3 hervorragend geglückte Aufführungen gemeinsam mit einem begeisterten Publikum- freuen. Lediglich in Teilen der Presse brachte man das Kunststück fertig, weder den Musikverein, noch den exzellenten Knabenchor der Kölner Dommusik auch nur eines Wortes zu würdigen
Äußerst dankbar sind wir Tabea Zimmermann, die uns aus dem Nachlass ihres Mannes einige DAT-Bänder zur Verfügung stellte, so dass ergänzend Bernsteins Chichester Psalms hier dokumentiert werden können. David Shallon hatte in seiner Amtszeit alle Bernstein-Symphonien und die Chichester Psalms aufgeführt, letztere in den Symphoniekonzerten vom 3., 4. und 6. Mai 1990.
Als die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 1996 einen Festakt zum 3000-jährigen Bestehen von Jerusalem in der Düsseldorfer Tonhalle ausrichtete, wurde unter anderem auch dieses 1965 entstandene Werk nochmals unter der Leitung von David Shallon diesmal als Gastdirigent- mit großem Erfolg aufgeführt. Abschluss des Festkonzertes bildete damals die inoffizielle zweite Nationalhymne Israels: Yerushalayim Shel Zahav.
Es ist ein schöner Zufall, dass wir mit der vorliegenden Zusammenstellung auch drei Chordirektoren des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf begegnen: Marieddy Rossetto (Kaddish), Prof. Hartmut Schmidt (Chichester Psalms) und Prof. Raimund Wippermann.
Marcus Bosch