Schallarchiv
Berlioz: La Damnation de Faust

Auch wenn der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf besonders in der 2. Hälfte des 20sten Jahrhunderts sich als ein ausgesprochener „Reisechor“ etabliert hatte, ist doch der Beginn der Zeit mit David Shallon als Chefdirigenten in dieser Hinsicht extrem: nach der „Begrüßung“ mit der 3. Mahler folgten Gastspiele in Köln, Israel, Helsinki. Erst danach, am 2., 3. und 5. Juni 1988 fand man sich in der Tonhalle zu einem repräsentativen Konzert zusammen: Berlioz „La Damnation de Faust“. Für den Chor lag die letzte Begegnung mit der „Damnation“ 12 Jahre zurück. Damals (1976) hatte Jean Fournet im „Ausweichquartier“ Alte Stadthalle das Werk vorgestellt, allerdings noch zu einer Zeit, in der man sich (leider) nicht für das Original, sondern eine deutsche Übersetzung entschied. Natürlich ist es ein Abenteuer, gemeinsam mit einem neuen Chefdirigenten ein derart komplexes und ausladendes Stück weit ab von der gewohnten Umgebung auf die Bühne zu bringen, aber –wie alles mit David Shallon- zeigte sich sehr schnell, wie positiv und entspannt er an die Aufgabe mit einem ja recht umfangreichen „Apparat“ heranging. So wurden die Konzerte in Helsinki zu einem großen Erfolg, wobei dieser „Erfolg“ in mehrfacher Hinsicht zu werten ist: nicht nur das Publikum entwickelte einen für finnische Verhältnisse geradezu enthusiastischen Beifallssturm, sondern –und das war für die kommende Zusammenarbeit viel wichtiger- die Verbindung vom Chor zu seinem neuen Chef bekam hier das Siegel einer schönen und völlig unkomplizierten Zusammenarbeit; ein gegenseitiges Vertrauen, das sich in den anschließenden Jahren bis 1993 (und darüber hinaus) immer wieder bestätigen sollte. Von den drei sehr kurz aufeinander folgenden Interpretationen der „Damnation“ unter David Shallon (Helsinki, Düsseldorf, Berlin-Leipzig) ist diese erste mit Sicherheit die musikalisch spannendste, auch wenn die Rundfunk-Tonmeister damals recht großzügig verhallten und damit etwas von der Direktheit des Originalklangs opferten. Ferner sind die Solisten merkwürdig distanziert abgebildet; gleichwohl danken wir dem Finnischen Rundfunk YLE für den Mitschnitt, wobei dessen Originalbänder jedoch im Laufe der Jahre deutliche Materialdefekte aufwiesen, so dass eine Verwendung für das Schallarchiv ausgeschlossen schien. Glücklicherweise existierte von den Rundfunkbändern noch eine BETAMAX HiFi – Kopie, die dieser Digitalisierung und Bearbeitung zugrunde gelegt werden konnte.

links: Voller Pläne für die Zukunft: David Shallon und Kunibert Jung, langjähriger Vorsitzender des Chores, nach der Probe auf dem Weg von der Finlandia-Halle zum Hotel in Helsinki.

rechts: Prof. Hartmut Schmidt am Sibelius-Denkmal in Helsinki