Schallarchiv
Berlioz: Grande Messe des Morts “Requiem” op. 5

Man könnte ärgerlich werden, wenn im Nachhinein Versäumnisse festgestellt werden müssen, die kaum reparabel sind: zum Beispiel das Berlioz „Requiem“ in München aus dem Jahre 1994. Dieses Konzert, gemeinsam mit dem großartigen Philharmonischen Chor und den weltbekannten Münchner Philharmonikern unter der Leitung von Dmitrij Kitajenko, wurde vom Bayerischen Rundfunk am 3. der 4 Aufführungstage live in „Bayern 4“ gesendet. Leider war es in den 90er Jahren des XX. Jahrhunderts in mehr als einem Fall zu einer schlechten Tradition im Musikverein geworden, auf solche oder vergleichbare Tondokumente „aus erster Hand“ nicht zu achten. Traurigstes Beispiel hierfür sind die Konzerte des Chores in Cincinnati/USA im Jahr 2000 (Mahler, 8. + Schönberg: Gurre-Lieder): es gibt tatsächlich kein Tondokument!

Ein glücklicher Umstand im Falle München 1994 war, dass ein Mitglied des Chores sich eigeninitiativ zumindest um einen Sendemitschnitt bemühte. Diese Kassetten-Aufzeichnung liegt nun der vorliegenden Schallarchiv-Dokumentation zu Grunde, obwohl der technische Zustand alles andere als auf der Höhe der Zeit ist. Die Konzerte waren ein Erlebnis ganz besonderer Qualität, zumal Dmitrij Kitajenko das Werk mit großer musikalischen Ruhe ausmusizierte, und dadurch ungemein spannungsreiche Tempi realisierte. Hinzu kam, dass mit Michael Schade ein Tenor zur Verfügung stand, der diesen musikalischen Gedanken stimmtechnisch aufs Beste nachvollziehen konnte. Interessant sind die Zeitvergleiche: Neeme Järvi benötigte mit dem Concertgebouworkest 1’21 (Vol. 11), Gerd Albrecht in Hamburg lediglich 1’13 (Vol. 14). Selbst Charles Bruck war in Paris mit 1’18 (Vol. 84) deutlich schneller als hier Dmitrij Kitajenko (Vol. 127), der sich, den Ausführenden und Zuhörern nicht weniger als 1’30 gönnte. Der Städtische Musikverein zu Düsseldorf ist Hermann Oehmen zu großem Dank verpflichtet, da seine Kassette –nach zahlreichen, erfolglosen Nachfragen beim Bayerischen Rundfunk, den Münchner Philharmonikern und auch beim Dirigenten- die einzig verbliebene Tonquelle zu der doch so wichtigen Konzertreise des Chores blieb. Nach recht aufwändiger, wenn auch vorsichtiger Restaurierung freuen wir uns, dieses kostbare Tondokument nunmehr vorlegen zu können.