Die viel beachtete Konzertreise durch die DDR im Mai 1989 hatte dazu geführt, dass der damalige Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen Johannes Rau das erste Konzert in Berlin am 21. 05. 1989 besuchte. Beim anschließenden Empfang traf ich unter anderem auch mit dem für die Presse zuständigen Mitarbeiter der NRW-Staatskanzlei zusammen. Dieser Kontakt entwickelte sich so positiv, dass ich zu einer für November geplanten Moskau-Reise von Johannes Rau die Anfrage bekam, ob ich in der Delegation mitreisen wolle. Nach Rücksprache mit dem Vorstand des Musikvereins wollte ich (trotz ausgeprägter Flugangst). In Moskau verteilten sich die diversen Mitglieder aus Industrie und Wirtschaft auf ihre entsprechenden Gesprächspartner; mein Gesprächsziel war das Ministerium für Kultur. Dort traf ich auf einen offensichtlich höheren Beamten (großes Sprechzimmer, Sowjetische und Moskauer Flagge, Sekretariat incl. Dolmetscherin). Meine Idee war die Zusammenarbeit mit einem oder mehreren großen Orchestern vor Ort. Leningrad (St. Petersburg) und Moskau schwebten mir vor. Als Projekt schlug ich das War-Requiem von Benjamin Britten vor. Hintergrund: ein sowjetisches Orchester, ein deutscher Chor, ein israelischer Dirigent, Solisten aus Frankreich, England und den USA. Die Reaktion war äußerst positiv, leider ist daraus bislang nie etwas geworden. Mein beruflicher Weg führte mich 1990 nach Berlin, was somit auch meine aktive Zeit im und für den Städtischen Musikverein zu Düsseldorf zwangsweise beendete.
Trotzdem, die Idee finde ich noch heute faszinierend!
Übrigens: Als Gastgeschenk überreichte ich unsere neueste Einspielung: Pfitzners „Von Deutscher Seele“. Vorsichtig und um keine Befindlichkeiten zu verletzten übergab ich die Doppel-LP mit den Worten, dass es sich um „Eine Eichendorff-Kantate“ handele. Mein Gegenüber fragte etwas verwundert „Da steht aber doch etwas anderes…?!“. Ich antwortete „Ja, ja, „Von Deutscher Seele“, aber das ist doch etwas patriotisch…“ Worauf er sagte: „Jedes Volk tut gut daran, auch patriotisch zu sein!“
Erinnerungen von Rainer Großimlinghaus im Mai 2021
Bild: Das Hotel der Düsseldorfer Delegation in Moskau