Schallarchiv
Beethoven; Symphonie Nr. 9

Die 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven ist nun wirklich so etwas wie eine „tragende Säule“ im Zyklus der vielen Jahre, die die Chronik des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf nachweist. Es wäre also nichts Besonderes und keiner Erwähnung wert, stünde nicht mit ausgerechnet diesem Opus am Pult der Düsseldorfer Symphoniker Alexander Prior, der gerade einmal 22-jährige Sohn eines englischen Farmers und einer Russin. Prior komponierte seit seinem 8. Lebensjahr bis dato bereits mehr als 40 (!) Werke, darunter Symphonien, Opern und Ballette. Sein Studium am renommierten St. Petersburger Konservatorium schloss er im Alter von 17 Jahren ab. Im Düsseldorfer Konzertleben der Saison 2014/2015 tat sich die Frage auf: Gibt es einen größeren Kontrapunkt zum soeben mit großem Applaus gefeierten Altmeister Sir Neville Marriner, der Anfang des Jahres seinen 90sten Geburtstag begehen konnte? Beim Symphoniekonzert im November 2014 führte der blutjunge Alexander Prior den Taktstock zu einem der Kernwerke der Musikliteratur: Beethovens 9. Sinfonie. Davor erklang Hans Pfitzners Symphonie C-Dur und eine Tonband-Einspielung mit Karlrobert Kreiten. Die durchaus streng differenziert analytische Sichtweise auf ein Werk, das seit Generationen zum Standartrepertoire eines Konzertchores gehört, verlangte in Priors Lesart eine nicht unerhebliche Flexibilität, hatte der Chor doch so manche Gewohnheiten –ohne Wertung- konsequent über Bord zu werfen. Natürlich hat sich auch die Frage gestellt, ob ein so junger Musiker, mag er noch so begabt sein, einem Werk gerecht werden kann, an dem sich die Titanen der Dirigentenelite vergangener Jahrhunderte immer wieder versucht haben. Ein Reiz liegt sicher darin, dass die Unbekümmertheit einer gewaltigen Musikalität nur zu gerne mit tradierten Verhaltensmustern aufräumen möchte. Dem ist aus Sicht der beteiligten Musiker nur mit permanent wachem Wohlwollen zu folgen. Das Ergebnis jedenfalls mag auf den ersten Blick konventionell anmuten, ist bei genauerem Hinhören erfrischend „anders“. Man darf gespannt sein, wie sich eine derart spektakuläre und dennoch unverbrauchte Karriere weiter entwickelt. Kritiker nennen ihn heute schon einen „neuen Mozart“, was einem die Wunderkind-Erzählungen des Salzburger Knaben ins Gedächtnis ruft, auch, wenn die meisten solcher Vergleiche immer unfair bleiben...


Alexander Prior