Auch wenn der Chor des Städtischen Musikvereins in vielen Fällen sehr frühzeitig die Werke bedeutender zeitgenössischer Komponisten erarbeitet und vorgestellt hat, im Falle des Requiem von Maurice Duruflé hat es mehr als 60 Jahre gedauert, bis im November 2008 eines der klangschönsten Sakralkompositionen des XX. Jahrhunderts in Düsseldorf zu hören war.
Duruflè schuf zunächst sein op. 9 für großes Orchester, Soli, Orgel und Chor. In dieser Fassung spielte er 1959 das Requiem höchst selber für die Schallplatte ein, übrigens mit deutlich langsameren Tempi als dies bei der vorliegenden Dokumentation der Fall ist. Dem Wunsche vieler Interpreten wie auch Kirchengemeinden schuf Duruflé 1948 eine Version (nur) mit Orgelbegleitung und 1961 schließlich eine Fassung für Kammerorchester.
Wayne Marshall, einer der anerkanntesten und profiliertesten Orgelinterpreten unserer Zeit, entschied sich für die Urfassung, also für das große Orchester + Orgel! Für den Chor bedeutete das eine Brücke zu bauen zwischen dem romantisch-volltönenden Chor-Orchesterklang und jenem, für die französischen Impressionisten ja so kennzeichnenden, filigran-subtilen Farbton, wie man ihn von Debussy und Ravel her kennt. Die Programmgestaltung schlug dann auch einen Bogen von den gregorianischen Chorälen des 9 Jahrhunderts über Claude Debussys Trois Nocturne bis zu Duruflés Meisterwerk.
Natürlich hat es eine Choralschola in jedem Konzertsaal der Welt schwer; diese Literatur ist nicht für den Konzertgebrauch, sonder für den meditativen Sakralraum konzipiert. Im Sinne dieser Werkausrichtung haben wir uns entschlossen, den Chorälen zumindest akustisch jenen Raum zu geben, in den sie naturgemäß gehören. Das Publikum in der Tonhalle reagierte mit großer Begeisterung auf den gewaltigen Spagat zwischen Mittelalterlicher Tradition und Musik des XX. Jahrhunderts. Etwas Eigentümlich war es dann schon, als in einer Düsseldorfer Zeitung zu lesen stand, dass dem einhelligen Lob der Zuhörer für Werke und Interpretation ein völliges Unverständnis des Rezensenten entgegenstand; offensichtlich war dem Redakteur lediglich die 1961er Kammerbesetzung bekannt. Diese erwartend wurde er natürlich überrascht und wohlmöglich- enttäuscht. Zudem hatte Wayne Marshall in den Proben immer wieder darauf gedrängt, dass der Chor an vielen Stellen jede Zurückhaltung aufgeben solle, damit die Instrumente und Stimmen sich stets in einer ausgewogenen Balance halten.
Die hier zur Verfügung stehende Aufnahme zeigt beeindruckend, dass man auch mit großer Besetzung (was für Orchester wie Chor gleichermaßen gilt) dem Geist des Duruflé-Werkes nachkommen kann, man nehme nur die authentische Einspielung des Komponisten als Vergleich.
Wer die Aufnahme hört, wird sicher zu dem Schluss kommen, dass das Duruflé-Requiem kostbare Bereicherung im Repertoire des Städtischen Musikvereins bildet.
Wayne Marshall