Im Juni 1931 gab der Musikverein nach einer langen Diskussion seine eigenständige Konzertorganisation nach über 120 Jahren an die Stadt Düsseldorf ab. Ab diesem Zeitpunkt wurden die "Städtischen Konzerte", die einige Zeit mit den "Musikvereinskonzerten" konkurrierten, eingeführt. Zur Unterstreichung dieser gravierenden Veränderungen in der städtischen Konzertlandschaft gab die Stadt Düsseldorf eine Nachricht über die Musikstadt Düsseldorf heraus, die folgenden Text hatte:
"So berühmt Düsseldorf als Malerstadt und als Stadt der Gärten ist, [ ] die letzten Jahre lassen wieder aller Augen auch auf die Musikstadt Düsseldorf gerichtet sein, die sich inzwischen neu geformt und in der Neugestaltung als sehr kräftig erwiesen hat. Die Musikstadt Düsseldorf [ ] hat allmählich in vielen Jahrzehnten Rückgrat und eigenes Gesicht gewonnen und ausgeprägt; sie war vor hundert Jahren Ausgang und Kern der ruhmvollen 'Niederrheinischen Musikfeste'; Schumann und Brahms haben Düsseldorf bewohnt alle diese Einzelheiten, so flüchtig nur gestreift erinnern doch immer deutlich an die natürliche Verbundenheit dieser Stadt mit der Kunst der bewegten Klänge." (Die Musikstadt Düsseldorf, in: Das schöne Düsseldorf, Düsseldorf 1931).
In dieser offiziellen Verlautbarung fehlt seltsamerweise die Erwähnung von Felix Mendelssohn Bartholdy, der wie kein anderer die musikalischen Strukturen Düsseldorfs ordnete und festigte und u.a. mit der Uraufführung des "Paulus" Düsseldorf zur Wiege des romantischen Oratoriums machte.
Was waren die Gründe für die Negierung Mendelssohns?
Mit dem guten Gewissens als Hetzschrift zu bezeichnendem Aufsatz Richard Wagners aus dem Jahre 1850 (Neue Zeitschrift für Musik: Aufsatz über das Judentum in der Musik, erschienen unter dem Pseudonym Karl Freigedank, Wiederveröffentlichung 1869 unter Wagners richtigem Namen) begann in Deutschland eine unterschwellige Ablehnung der Mendelssohnschen Musik, die auch und vor allem einen antisemitischen Hintergrund hatte und in der Schleifung der Mendelssohn-Denkmäler in Leipzig und Düsseldorf zu Zeiten der Naziherrschaft gipfelte. Wir verweisen in diesem Zusammenhang auf die Artikel vom 3.8.1901, in denen die Errichtung des Denkmals geschildert wird und die seltsamen Eregnisse bei der Einweihung dargestellt werden.
Quelle: u.a. Yvonne Wasserloos - Heros und Schandfleck, Die Denkmäler für Felix Mendelssohn Bartholdy in England und Deutschland 1860-1936 aus "Die Tonkunst" Ausgabe Oktober 2009.
Bild: Teile des im Jahre 1936 von den Nazis abgebauten Mendelssohn-Denkmals auf dem Bauhof der Stadt, kurz vor der endgültigen Vernichtung.