Das Schallarchiv des Städtischen Musikvereins
oder: Der Kampf gegen „alles Vergängliche“
Die Kunst der Musik ist im wahrsten Sinne des Wortes „unbegreiflich“, sie ist vergänglich, ja flüchtig. Wie das gesprochene Wort bleibt ein Notentext für den Musiker genauso eine Hilfskonstruktion wie das Manuskript, das Textbuch im Sprechtheater.
Als Mitte der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts langsam und mühevoll aus wenigen Resten, die den 2. Weltkrieg überstanden hatten, so etwas wie ein Archiv des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf wiederhergestellt wurde, fanden sich so gut wie keine Tonaufzeichnungen von Konzerten des Chores wieder. Und das, obwohl sich ja bereits nachweislich 1938 der Chor mit Pfitzners "Von Deutscher Seele" erstmals per Rundfunkübertragung (Reichsmusiktage) einer breiteren Öffentlichkeit vorstellen durfte.
Nach dem Zusammenbruch war es dann 1949 erneut Pfitzners „Eichendorff-Kantate“ unter der Leitung von Heinrich Hollreiser, die per Rundfunkmitschnitt durch den damaligen NWDR (Nordwestdeutschen Rundfunk) ein wieder erstandenes Musikleben aus Düsseldorf in die Lande trug. Jedoch maß niemand diesem Umstand eine größere Bedeutung bei; ein Tonband existiert weder beim Musikverein noch bei der Stadt. Auch die Rundfunkarchive in Hamburg und Köln melden „Fehlanzeige“.
Selbst spätere Aufnahmen durch den WDR oder –bei den immer zahlreicher werdenden Auslandsgastspielen- durch die Sender in Frankreich und Belgien fanden hinsichtlich unseres Schallarchivs keine Beachtung: die Aufzeichnungen mussten zunächst einmal als verloren angesehen werden. Das ist umso unverständlicher, als hier tönende Zeitdokumente aus einer Epoche missachtet wurden, die –neben den vielen Beispielen des wirtschaftlichen Wiederaufbaus- auch den künstlerischen Neubeginn nach jahrelanger politisch motivierter Zwangsbeschneidung eindrucksvoll hätten belegen können.
Das änderte sich Ende der 70er Jahre. Neben der Sichtung und Ordnung des Archivs begann man im Vorstand des Musikvereins mehr und mehr den Wert einer kontinuierlichen Medienpräsenz zu erkennen und folgerichtig besonders bei Gastspielverpflichtungen als festen Bestandteil der Vertragsverhandlungen zu etablieren. Damit einher ging das Bestreben, wenn nicht im Vorfeld vertraglich vereinbart, so doch im direkten zeitlichen Umfeld der Konzerte je eine Dokumentationskopie für das sich auf diese Weise langsam aufbauende Schallarchiv zu sichern. Praktisch bedeutete das, dass der Chor selten die Heimreise antrat, ohne ein entsprechendes Tonband im Gepäck zu wissen.
Der Verfasser dieser Zeilen lernte im Laufe der Jahre fast jeden Ü-Wagen der Rundfunkanstalten benachbarter Länder, viele Funkhäuser und Studios kennen. Wichtig war die rechtliche Absicherung aller Beteiligten, denn der Chor des Städtischen Musikvereins musiziert mit den namhaftesten Solisten und unter der Leitung bedeutender Dirigenten. Es bedurfte sehr schnell – neben eloquenter Überzeugungskraft - eines dreisprachig formulierten Textes, in dem der Musikverein versicherte, "… ihm überlassenes Ton- und Bildmaterial nicht kommerziellen Zwecken zuzuführen.“
Mit am schwierigsten waren jedoch die Hürden der Vorbehalte und Bürokratie im eigenen Hause, der Tonhalle Düsseldorf. Zwar hatte der 1978 eröffnete Konzertsaal an der rückwärtigen rechten Kuppelseite eine „Tonkabine“, die mit einem Mischpult und 8 Mikrofonleitungen zum Schalldeckel über dem Orchesterpodium ausgestattet wurde, aber für professionelle Aufzeichnungen fehlten zum Beispiel Panoramaregler und Halleinheiten. Es war –für einen nagelneuen Konzertsaal eher befremdlich- in Sachen Tonaufzeichnung eine gewisse Halbherzigkeit unverkennbar, zumal sich der runde Saal sehr bald als "akustisch problematisch" erwies.
Endloser Gespräche, letztlich mit dem Kulturdezernenten der Stadt Düsseldorf, bedurfte es, um gegen alle Einwände so manches Tondokument doch erstellen zu dürfen. Heute sind diese ersten Mitschnitte das Herzstück des Musikvereins-Schallarchivs. Erfreulich, dass später ein schon seit Anbeginn der Tonhalle vom Musikverein immer wieder vorgetragener Gedanke aufgegriffen und in die Tat umgesetzt worden ist: die Tonmeisterklasse der Robert-Schumann-Hochschule für Musik (bzw. deren Nachfolger) zeichnet seit Anfang der Jahrtausendwende alle Symphoniekonzerte der Düsseldorfer Symphoniker und somit auch die unter Mitwirkung des Städtischen Musikvereins auf. Und das mit einer Professionalität, von der man viele Jahrzehnte vorher nur hat träumen dürfen…….
Im Laufe der Zeit sammelten sich im Schallarchiv des Chores nahezu 100 zunächst analoge Tonbänder an, meist Zeugen von großartigen Aufführungen, die –in kurzen Ausschnitten- auch für so manches Rundfunk-Portrait des Städtischen Musikvereins Verwendung fanden. Die Bänder wurden über Studer-Maschinen vorwiegend in 19 cm/sec. ½-Spur, einige jedoch leider nur mit 9,5 cm/sec ¼ -Spur stereo aufgezeichnet, durchweg auf 26,5 cm Spulen. Der technische Fortschritt hat diese Art der Aufzeichnung längst weit hinter sich gelassen (wer besitzt heute noch ein analoges Tonbandgerät mit 26,5 cm-Kapazität?); schlimmer noch: diese Bänder werden nach mehreren Jahrzehnten mehr und mehr ein Opfer natürlichen physischen Verfalls, auch weil sie –im Gegensatz zu professionellen Schallarchiven- nicht regelmäßig gewendet wurden. So machen sich zunehmend deutliche Vorecho-Effekte und Durchmagnetisierungsmängel breit.
Als sich der Musikverein Mitte der 80er Jahre des vorigen Jahrhunderts entschloss, sein Archiv durch Publikation (sowohl in einem Periodikum „Chorszene“ als auch später in Buchform „Aus Liebe zur Musik“ Teile I und II) einer interessierten Öffentlichkeit zugänglich zu machen, bestanden rein technisch vergleichbare Wege für das Schallarchiv des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf noch nicht. Heute sind wir in der Lage, durch Überspielung, Digitalisierung und Bearbeitung (Mastering bzw. Remastering) diese so vergänglichen Schätze erneut zu heben, anzuhören und in zweifacher Form zu sichern: als digitale Festplatten-Datei, als STREAM und als Audio-CD.
Jeder Schallarchiv-Edition sind zur Information u.a. technische Aufnahme- und Bearbeitungsdaten beigegeben, die in der vorliegenden Internetversion immer dann erscheinen, wenn man mit dem Cursor "Cover vergrößern" anklickt. Die Daten gelten für die am jeweiligen Werk vorgenommenen "Erstbearbeitungen"!
Der Fortschnitt in den Features diverser Audio-Programme wie auch die Weiterentwicklung der Rechner und nicht zuletzt die im Laufe der Jahre gewonnenen Erfahrungen sowie manch neu hinzugekommenes, qualitativ besseres Equipment haben um die Jahreswende 2006/2007 dazu geführt, dass fast alle Volumes von 0 bis 50 nochmals anhand des dann zur Verfügung stehenden Quellenmaterials neu bearbeitet wurden. Das erneute Mastering bzw. Remastering wurde mit „WaveLab 6.01“ und grundsätzlich im 24-Bit-Verfahren vorgenommen. Das gilt also auch dann, wenn bei den technischen Daten noch die Erstbearbeitung ausgewiesen wird!
Aus Platzgründen wurde der Chor bei der Nennung der Mitwirkenden zunächst nur mit "Städtischer Musikverein zu Düsseldorf" beschrieben. Davon unbeschadet lautet die korrekte Bezeichnung "Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf", da sich die Zahl der aktiven Sängerinnen und Sänger von der Mitgliederzahl des "Städtischen Musikverein zu Düsseldorf e.V." (also der juristischen Person) deutlich unterscheidet.
Alle nicht näher bezeichneten Produktionen sind "Eigenaufnahmen" aus der Tonhalle Düsseldorf, ausgeführt mit dem dort zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Equipment.
Anfang des 21sten Jahrhunderts erschloss sich für das Schallarchiv der Fundus des bei Paris ansässigen INA (Institut national de l'audiovisuel). Wertvollste Mitschnitte z.B. unter Jean Martinon konnten so den Dokumenten des Musikvereins ergänzend beigegeben werden.
Wenn nun Liebhaberei und Profession sich einander die Hand geben, merkt man dies sicherlich in der grafischen und inhaltlichen Ausgestaltung der Cover und Begleittexte. Optik und Information sollten auch dem späteren Nutzer ein möglichst einheitliches Bild über die Konzerttätigkeit des Chores zu der jeweils dokumentierten Zeit vermitteln. Die Herkunft des verwendeten Bild- und Grafikmaterials bleibt -unter Berücksichtigung der Absicht, die Aufnahmen nicht in die Öffentlichkeit zu geben- vorerst ohne gesonderten Einzelnachweis. Die meisten Bilder stammen aus dem Archiv des Städtischen Musikvereins bzw. dem frei zugänglichen Internet.
Im Schallarchiv des Musikvereins finden sich einige Aufnahmen, die den Chor kaum oder gar nicht betreffen, sondern ein akustisches Auge auf die hervorragenden Leistungen der Düsseldorfer Symphoniker werfen (z.B. Bruckner 7, Feuervogel und Sacre, Enigma-Variationen oder später die Schumann-Symphonien 3 + 4. etc.) Diese Aufzeichnungen waren ursprünglich dazu da, grundsätzlichen Bedenken seitens des Orchesters entgegenzutreten. Heute sind alle Beteiligten dankbar für die Existenz jener Dokumente, die ansonsten nur in der Erinnerung verhaftet geblieben wären: Alles Vergängliche!
Letztlich:
Die Reihenfolge (d.h. die Nummerierung) der einzelnen Volumes entspricht keiner Chronologie. Sie entstand aus der zeitlichen Abfolge, in der die Bänder/Aufnahmen zugänglich wurden bzw. bearbeitet werden konnten.
Wenn wir nun heute, über 200 „Konzert“-Volumes vorlegen können, so dürfte dies unter vergleichbaren Konzertchören weltweit ein einmaliger "Schatz" sein, um den uns viele Musikliebhaber und forschende Musikwissenschaftler beneiden. Zahlreiche Anfragen via Internet belegen diese Vermutung. Hinzu kamen die hochinteressanten „Interviews, Gespräche, Features“ sowie eine beachtliche Anzahl von Filmdokumenten.
Das großartige Jübiläum des 200jährigen ununterbrochenen Bestehens eines der tragenden und prägendsten Säulen der Musikkultur in Düsseldorf ist willkommener Anlass, das "Produkt Schallarchiv" in jüngere und damit zukunftsweisende Hände zu legen. Möge also auch weiterhin noch so manches Tondokument aus der Vergangenheit gehoben werden und zahlreiche Dokumente in der Zukunft folgen. Sie sind und bleiben Spiegel der bürgerlichen Musikkultur am Rhein!
Kleinmachnow, im Mai 2021
Rainer Großimlinghaus
Neben den im Handel erhältlichen CD-Produktionen handelt es sich bei den hier vorgestellten CDs um Live-Aufnahmen von Konzerten, an denen der Chor des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf beteiligt war. Diese CDs dienen ausschließlich der Dokumentation, Präsentation sowie dem Marketing. Gleiches gilt auch für die Mitschnitte von Konzerten der Düsseldorfer Symphoniker, die auf Initiative des Städtischen Musikvereins zustande kamen und somit Bestandteil seines Schallarchivs wurden.
Sie dürfen keinerlei kommerzieller Verwertung zugeführt werden!
© Copyright by:
Städtischer Musikverein zu Düsseldorf e.V., gegr. 1818
-Konzertchor der Landeshauptstadt Düsseldorf-
Der/Die Vorsitzende
Ehrenhof 1, D-40479 Düsseldorf, Germany
Alle Darstellungen von Bildern und Grafiken, auch in Ausschnitten und verfremdeter Form, dienen ausschließlich der Präsentation der einzelnen Volumnes z.B. auf dieser Seite. Sie stehen in keinem Zusammenhang mit einer kommerziellen Nutzung jedweder Art. Ursprung aller bildlichen Darstellung sind das Archiv des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V., das Archiv der Tonhalle Düsseldorf, Privataufnahmen sowie das frei zugängliche Internet. Jegliche weitere Vervielfältigung nur gegen ausdrückliche schriftliche Zustimmung des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf e.V.
Kein öffentlicher Verkauf! Beschränkter Zugriff nur für Mitglieder!
No public sale! Restricted use for members only!
Layout, Texte, Zusammenstellung und Remastering:
Rainer Großimlinghaus
Hinweis auf die Behandlung von selbstgebrannten CDs.
Im Rahmen der Bewahrung der Copyright-Rechte hat der Städtische Musikverein bei einer Anzahl von CDs, die sich in diesem Schallarchiv befinden, Mitwirkenden aus dem Chor Kopien der originalen CDs zum persönlichen Gebrauch zur Verfügung gestellt. Die Mitwirkenden wurden deutlich und immer wieder darauf hingewiesen, dass keine eigenen Kopien gemacht werden dürfen und die den Mitwirkenden zur Verfügung gestellten CDs keinerlei sonstigen Verwendungen zugeführt werden.
Aus gegebenem Anlass und aufgrund einiger Reklamationen über die Abspielbarkeit oder Störungsanfälligkeit solcher CDs stellt Rainer Großimlinghaus hiermit klar:
Bei den aufgeklebten Label haben wir ein Aufbewahrungsproblem. Ist die Luftfeuchtigkeit zu hoch, liegt eine solche CD oder DVD in einem Umfeld mit hohen Temperaturschwankungen (z.B.: Fensterbank), lösen sich die unterschiedlichen Materialien und/oder bilden Wellen (unterschiedliche physikalische Beschaffenheit von Papier, Klebstoff und Kunststoff). Damit wird eine kontinuierliche Laufeigenschaft im Player verhindert, d.h. der Tonträger ist nicht mehr abspielbar.
RG am 21.8.2023 - 17.15 Uhr