NICHT NUR IM VIERVIERTELTAKT
Ein militärmusikalisches Ereignis ersten Ranges versprach Oberst Thomas Klinkhammer auch für die 6. Auflage des Musikfests der Bundeswehr im Düsseldorfer PSG BANK DOME. Die Mehrzweck-Sportarena fasst über 10.000 Sitzplätze und die vor allem von der DEG genutzte (allerdings „vom Eise befreite“) Spielfläche bietet 800 Mitwirkenden der Tattoo-Veranstaltung ausreichend Platz zum Marschieren in Formationen und immer wieder faszinierenden Showeinlagen.
Das eingangs zitierte Versprechen des Leiters des Militärmusikdienstes der Bundeswehr wurde bisher immer – und nun auch zum 6. Fest – voll erfüllt. Die begeisterten Zuschauer der zwei ausverkauften Präsentationen der Musikkorps und Bands aus 5 Ländern dankten auch 2024 für zweieinhalb Stunden hochklassiger und über den erwarteten Marschrhythmus hinaus reichender Blasmusik. Natürlich kamen vor allem Brass- und Woodwind-Instrumente, Bagpipes und eine variantenreiche Vielzahl von Drums und Percussion zum Einsatz. Aber nicht nur die jedes Jahr – inzwischen als enge Freunde – kommenden Schotten vom Royal Edinburgh Military Tattoo hatten mit ihren Fiddlern auch Strings im Einsatz. Die großartige Bigband der Bundeswehr wusste für ihre Rock- Pop- und Jazzinterpretationen das Streicherensemble „Strings Best Friend“ an ihrer Seite – und das nicht nur als weicher Klangteppich für den Stargast Heinz-Rudolf Kunze, sondern später auch für uns, die Konzertchöre aus Essen und Düsseldorf.
Erstmals gab es keinen Starmoderator, denn im filmischen Opening übernahm der rührige Produzent aller bisherigen Musikfeste, Stabshauptmann Thomas Ernst, augenzwinkernd die Verantwortung, dem bisherigen Präsentator, Johannes B. Kerner, für dieses Jahr einen Sonderurlaub genehmigt zu haben. Aber sympathische Stimmen von Radio Andernach sorgten für die freundliche Ansage der Künstler und für die direkte Sendung des Geschehens in die weltweiten Einsatzgebiete der Friedensmissionen der Bundeswehr.
Das Programm begann mit dem Einmarsch er drei beteiligten deutschen Musikkorps: Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr mit dem Wachbataillon beim Bundesministerium der Verteidigung, das Heeresmusikkorps Neubrandenburg und das Luftwaffenmusikkorps Münster präsentierten sich in ihrer ureigensten Aufgabe: als Marschmusik höchsten musikalischen und choreografischen Anspruchs. Die Bergleute des Ruhrkohlechores mit ihren schmucken Uniformen und rotbefederten Mützen, marschierten zum in großer Besetzung musizierten „Steigerlied“ ein und wünschten so der Veranstaltung ein kräftiges „Glück auf“.
Gleich der erste Gastauftritt sollte sich als einer der Höhepunkte erweisen, denn was die Musiker des Rekrutenorchesters der Schweizer Armee boten, entsprach in jeder Weise der Höhe der Berge, der Größe der Gletscher und der Schönheit der Eidgenossenschaft. Sie brannten ein Feuerwerk an Virtuosität ab, ob als Rumba tanzendes Blasorchester als rasant wirbelnde Showdrummers oder als stimmungsvolle „a capalla“ Sänger. Sogar das Alphorn hatte seinen Militäreinsatz im Duett mit einer Art Bandoneon.
Es folgten weit angereisten Gäste aus nahöstlicher Hochkulturlandschaft. Aus dem Königreich Jordanien, das in der unmittelbaren Nähe eines lodernden Terror- und Kriegsgeschehens liegt, kam die Jordan Forces Central Band mit sehr exakt exerzierenden säbel- und gewehrbewaffneten showmen. Unerwartet: eine weibliche Tambourmajorin und eine Percussionistin – vielleicht ein ermutigendes Zeichen der in den anderen Formationen bereits „normalen“ Teilhabe.
Die sehr interessant choreografierten und sich musikalisch auch teilweise vom uns so im Blut liegenden „Preußen-Pop“ entfernenden Darbietungen der Neubrandenburger und Münsteraner Korps begeisterten u.a. mit einer MOIN-Generalpause im Marsch oder mit dem Gruß an Düsseldorf mit der Toten-Hosen-Hymne „An Tagen wie diesen“.
Das so beschenkte Düsseldorf ist – wenn man den modernen Hildener Campus der militärmusikalischen Ausbildung hinzurechnet – der Ort in Deutschland, an dem junge Musiker ihre hochqualifizierende instrumentale Ausbildung bekommen, an der als Partner die Robert-Schumann-Hochschule für Musik beteiligt ist.
In Heft 2/2017 des Magazins NEUE CHORSZENE hatten wir den Ausbildungsweg der Militärmusiker in einem umfangreichen Bericht vorgestellt (nachlesbar auf dieser homepage unter https://archiv.musikverein-duesseldorf.de/neuechorszene-nc.
Vor der Pause erschallte aus dem Off der Befehl :
„Pipes and Drums – By the centre - Quick March!“
Und dann kamen die großen Trommeln, fast sanft mit den weich wattierten, um die Handgelenke rotierenden Schlegeln in den tiefen Takt gebracht. Die rasselnden Snare-Drums wurden gefolgt von den Bagpipers mit ihren Melodiebögen über dem treibenden ostinato und von den Fiddlern. Die ebenso große wie perfekt und effektvoll tanzende Gruppe der Highland-Dancer-Girls überraschte mit einem plötzlichen Farbwechseleffekt, dessen zauberhaftes Zustandekommen kaum einer unserer Sänger wahrgenommen hatte. Aber ohne einen Schritt auszulassen, hatten sich die Damen plötzlich von blau in grün gewandelt. Ein bereits gewohnter und erwarteter, doch aber auch immer wieder überraschend anderer Gruß vom Military Tattoo in Edinburgh, dem Mekka dieser besonderen Art des uniformierten aber keineswegs uniformen Musizierens.
Der zweite Teil des ebenso umfangreichen wie kurzweiligen Events begann angesichts der weltpolitischen Krisensituationen und der damit verbundenen internationalen Aufgaben der Bundeswehr mit einer Ahnung der eigentlich nicht musischen Aufgaben der Korps. In Felduniform spielten die im Verteidigungsfall als ausgebildete Sanitäter einsetzbaren Soldaten ermutigende Marschmusik, die aus der Luke eines gepanzerten Feld-Krankenwagen dirigiert wurde.
Dem ernsten Moment folgte die Showparade der Singapore Armed Forces Central Band. Den farbenfroh uniformierten Soldaten aus dem ebenso wohlhabenden wie beispielhaft sauberen Stadtstaat wurde auch für den Gruß mit Motiven deutscher Folklore und für effektvolle Tanzeinlagen gedankt.
Das Stabsmusikkorps der Bundeswehr zeigte Ausschnitte seiner verantwortungsvollen Arbeit als in der Hauptstadt stationierter Klangkörper, zu dessen Aufgaben der Ehrenempfang der Staatsgäste oder die musikalische Gestaltung von Zapfenstreichen und Staatsakten ist.
Natürlich präsentieren diese Musiker Deutschland auch international mit herausragender Qualität.
Nahezu jedes Musikfest durfte die Hamburger Polizeisportler begrüßen, oftmals als Motorradstaffel mit ihren atemberaubenden Stunts und rollenden Pyramiden. In diesem Jahr entführten uns die sportlichen Polizisten als „Flying Grandpas“ in die Kaiserzeit des vorigen Jahrhunderts. Die heiter präsentierten Trampolin-Eskapaden waren allerdings so effektvoll und artistisch beeindruckend, dass man kaum ähnliches im Vintage-Original vermuten konnte.
Dass in der Bigband der Bundeswehr virtuose Jazz-, Pop- und Tanzmusiker engagiert sind, wissen sicher alle Fans des Musikfests. Aber ein tp-, tb- und sax-Solisten präsentierendes
„I DID IT MY WAY“ hätte noch viel mehr Programmzeit verdient, denn die Soundpalette, in der das Evergreen-Motiv erklang, war so bunt und facettenreich, dass es eigentlich weder Bodennebel noch Pyrotechnik gebraucht hätte.
Nach einer weiteren begeisternden Showeinlage der Tartan-Kilt-Träger aus Edinburgh durften sich die beiden eingeladenen Chöre zu ihrem Auftritt erheben. Wie in jedem Jahr hatte Oberstleutnant a.D. Robert Kuckertz für ein schon in den Proben gern gesungenes Medley aus bekannten Melodien von Vangelis, Karl Jenkins und Tim Bentzko arrangiert. Diese Ohrwürmer mehrstimmig zu einem Brass-geprägten Klangteppich singen zu dürfen, war sowohl für den Konzertchor SANG Essen als auch für unseren Städtischen Musikverein zu Düsseldorf ein Erlebnis.
Nach den Ovationen für den Stargast, den Rocksänger, Liedermacher, Texter und Komponisten Heinz Rudolf Kunze, dessen Hit „Dein ist mein ganzes Herz“ nicht ohne dacapo verklingen durfte, marschierten die Ehrenformationen und alle Mitwirkenden noch einmal zum Finale ein. Von Fackeln eingerahmt durften wir mit Hunderten Musikern Brahms‘ „Guten Abend, Gute Nacht“ singen. Man sagte uns, dass es erhebend gewesen sei und sogar einige Tränen gelockt hätte. Der Ausmarsch zum Marschlied „Am alten Schlossturm zu Düsseldorf am Rhein“ war dann ein heiterer in die Nacht eines ereignisreichen Wochenendes, das auch für uns – trotz der 12 Stunden vor Ort –zum feldküchenkulinarisch wie kameradschaftlich herausragend begleiteten Ereignis wurde.
Karl-Hans Möller, Bass im Konzertchor des Musikvereins
am 22.9.2024 - 20.00 Uhr
Bilder: Karl-Hans Möller/Musikverein