Musikdirektoren
Louis Spohr

Louis Spohr (1784-1859) – Interimsmusikchef zusammen mit Ferdinand Ries in Düsseldorf in den Jah-ren 1824 bis 1833:

Spohr (Bild) wurde als das älteste Kind des Medizinalrates Dr. Karl Heinrich Spohr (1756-1843), der 1786 als Physikus nach Seesen am Harz versetzt wurde, und seiner Frau Ernestine Henke (1763-1840) geboren und zeigte früh musikalisches Talent, so dass er schon in seinem fünften Jahr gelegentlich in den musikalischen Abendunterhaltungen der Familie mit seiner Mutter Duette singen konnte, und wur-de mit zwölf Jahren nach Braunschweig geschickt, um bei gleichzeitigem Gymnasialunterricht sich in der Musik auszubilden. Hier wurden Kunisch und später Maucourt seine Violinlehrer, während ihn der Organist Hartung, jedoch nur kurze Zeit, in der Komposition unterrichtete. Nach Spohrs eigener Versi-cherung war dies die einzige Unterweisung, die ihm in Harmonielehre und Kontrapunkt je zuteil wurde, so dass er also die bedeutenden Fähigkeiten, welche er gerade auf diesem Gebiet besaß, hauptsäch-lich dem eigenen Fleiß zu danken hatte.
15 Jahre alt, wurde er vom Herzog von Braunschweig, zum Kammermusikus ernannt und erhielt zu-gleich das Versprechen, dass der Herzog ihn zu weiterer Ausbildung noch irgendeinem großen Meister übergeben wolle. Die Wahl fiel endlich auf Franz Eck in München, als dieser eben im Begriff war, eine Kunstreise nach Russland anzutreten. Spohr begleitete ihn und kehrte erst im Juli 1803 nach Braun-schweig zurück. Hier traf er Pierre Rode an, dessen Spiel nachhaltigen Einfluss auf seine weitere Ent-wicklung ausübte. Spohrs Ruf als Violinvirtuose verbreitete sich nun infolge einiger Kunstreisen so rasch, dass er schon 1805 die Konzertmeisterstelle in Gotha erhielt. In dieser Stellung verblieb er, nachdem er sich ein Jahr später mit der Harfen- und Klaviervirtuosin Dorette Scheidler verehelicht hatte und mit ihr bis ins Jahr 1813 einige Kunstreisen unternahm. In diesem Jahre 1813 folgte er einem Ruf als Kapellmeister des Theaters an der Wien. Zwistigkeiten mit dem Direktor desselben, Graf Pálf-fy, waren die Ursache, dass er dieses Amt bereits nach zwei Jahren niederlegte und wiederum Kunst-reisen antrat, die sich diesmal auch auf die Schweiz, Italien und die Niederlande erstreckten, bis er im Winter 1817 die Kapellmeisterstelle am Theater in Frankfurt am Main und die Leitung des Orchesters der Frankfurter Museumsgesellschaft übernahm. Hier brachte er 1818 seine Oper „Faust“ und 1819 „Zemire und Azor“ zur Aufführung, welche beide enthusiastischen Beifall fanden; gleichwohl verließ Spohr schon im September d. J. Frankfurt und begab sich von neuem auf Kunstreisen nach Belgien, Paris und 1820 nach London.
Nach viermonatigem Aufenthalt ruhmgekrönt zurückgekehrt, ließ er sich in Dresden nieder, erhielt je-doch schon im folgenden Jahr auf Veranlassung Carl Maria von Webers die Berufung als Hofkapell-meister nach Kassel und trat im Januar 1822 sein neues Amt an. Größere Virtuosenreisen unternahm er von nun an nicht mehr; dagegen machte er sich sehr um das Musikleben der Stadt Kassel verdient, wobei er das Niveau des Orchesters auf eine nie zuvor erreichte Höhe brachte und außerdem einen Gesangverein für Oratorienmusik gründete. In den Jahren 1824 bis 1833 übernahm er zusammen mit Ferdinand Ries außerdem Aufgaben in Düsseldorf.
Nicht minder bedeutend war seine Tätigkeit als Lehrer und Komponist. In erster Eigenschaft wurde er das Haupt einer Violinschule, wie sie Deutschland seit Franz Benda nicht besessen hatte, und von allen Teilen Europas strömten ihm die Schüler zu. Gleichzeitig entwickelte er eine erstaunliche Produk-tionskraft auf allen Gebieten der Komposition und betätigte sich als Dirigent zahlreicher Musikfeste in Deutschland und England. Auch der Verlust seiner Gattin (1834), für die er in einer zweiten Ehe mit der Klavierspielerin Marianne Pfeiffer nur einen annähernden Ersatz fand, vermochte seinen Arbeitseifer und seine Pflichttreue nicht vermindern, so wenig wie die kleinlichen Schikanen, die er später von sei-nem Fürsten zu erdulden hatte, dies namentlich nach dem Jahr 1848, obwohl er im Jahr zuvor durch die Ernennung zum Generalmusikdirektor ausgezeichnet worden war. 1857, gegen seinen Wunsch und mit teilweiser Entziehung seines Gehalts pensioniert, blieb er bis zu seinem Tod am 22. Oktober 1859 als Mensch wie als Künstler ein Gegenstand der allgemeinen Verehrung.
Als Komponist hat Spohr die musikalische Literatur auf jedem ihrer Gebiete durch Meisterwerke von unvergänglichem Wert bereichert. Auf dem der dramatischen Musik wurde er neben Carl Maria von Weber und Heinrich Marschner der Hauptvertreter der romantischen Oper, wenn er auch hinsichtlich des szenisch Wirksamen hinter diesen beiden zurücksteht und infolgedessen seine Opern, mit Aus-nahme von „Jessonda“, noch zu seinen Lebzeiten von den deutschen Bühnen verschwanden. Auch in seinen Oratorien „Die letzten Dinge“, “Der Fall Babylons” u. a. folgt er ausschließlich seinem subjekti-ven Naturell, um auf die Nachwelt zu wirken, wiewohl hier seine Neigung zum Elegischen und das kon-sequente Festhalten eines erhabenen Pathos sowie endlich der für alle seine Arbeiten charakteristi-sche, nicht selten in Überfülle ausartenden Reichtum der Modulation die Wirkung weniger beeinträchti-gen als in seinen Opern. Unbedingte Bewunderung verdienen seine zahlreichen, ausnahmslos durch Adel der Empfindung und formale Abrundung hervorragenden Instrumentalwerke, sowohl für Orches-ter als auch für Kammermusik, unter den ersteren die Symphonien in c-Moll und “Die Weihe der Töne”, unter den letzteren die Quintette und Quartette, sowohl für Streichinstrumente allein, als auch mit Kla-vier. Den größten und verdientesten Erfolg aber haben die speziell für sein Instrument geschriebenen Werke und seine 15 Violinkonzerte gehabt, darunter namentlich das 7., 8. („in Form einer Gesangssze-ne“) und 9., sowie seine Violinduette. Seine große Violinschule steht noch heute an klassischem Wert unübertroffen da. Louis Spohr ist Ehrenbürger von Kassel.