SingFreude
Projekt des Städtischen Musikvereins zu Düsseldorf
Singen mit Menschen, die ihre Heimat verloren haben
Normalerweise steht der fast 200 Jahre alte Konzertchor der Landeshauptstadt auf der Chor-Empore der Tonhalle, um mit
den Düsseldorfer Symphonikern Requien von Verdi, Mozart, Brahms oder Dvorak zu singen oder chorsinfonische Werke von Strawinsky, Mahler, Beethoven oder von seinen beiden ehemaligen Leitern Robert Schumann und Felix Mendelssohn Bartholdy aufzuführen. Der schlichte A-Cappella Gesang von eingängigen überlieferten Weisen oder von Kinderliedern gehört nicht zu den Aufgaben des der klassischen Musik verpflichteten Vokal-Klangkörpers, obwohl natürlich jeder Sänger weiß, dass alle von ihm ausgeführten großen Komponisten von Bach bis Zemlinsky ihre ersten Inspirationen zunächst aus der Volksmusik gewonnen haben. Und so singt auch der durch schwierige achtstimmige Fugen geforderte Chorist ab und an sehr gerne eine einfache Weise, die ihn an die prägende Kultur seiner Heimat erinnert, sei es zur Weihnacht oder zum Begrüßen des Wonnemonats Mai.
Die Idee, Menschen zum gemeinsamen Singen einzuladen, denen auf der Flucht vor dem Krieg nichts geblieben ist als die Erinnerung an ihre verlorene und zerstörte Heimat, folgt der Hoffnung, dass Sprachlosigkeit zunächst durch Musik überwunden werden kann. Für die durch die Hölle der Flucht gegangenen Menschen wird in der Fremde das Bewahren der eigenen Wurzeln oft auch durch die unvergessenen oder lang nachhallenden Klänge möglich, die man singen, spielen, summen oder einfach auch nur hören kann. Die für ein Leben in Europa so wichtige Integration in neuer Umgebung bedeutet auch das Kennen- und Liebenlernen der neuen Welt. Auch dazu gehört die sogar ohne Sprachbarriere ins Bewusstsein und die Gefühlswelt eindringende Musik. Vielleicht liegt in dieser durch Melodien und Rhythmen verstärkten Kraft die Chance für glückliche Momente des Ankommens, die vor allem durch ein Geben und Nehmen gekennzeichnet sind. Unsere angestrebte Begegnung mit gesungener Musik soll keine Einbahnstraße sein. Wir wollen beim Angebot gemeinsamen Familiensingens versuchen, deutsche Volks-und Kinderlieder und internationale Folklore anzubieten und die Gäste ermutigen, sich auch mit ihrer Musik in die SingFreude einzubringen. Wenn zum Schluss einer solchen – regelmäßig wiederholten – Stunde ein gemeinsamer Chor die deutschen „Brünnlein fließen“ lässt und dann mit „Yalla tnam“ ein arabisches Schlaflied singt, zu dem Kinder aus Düsseldorf und Damaskus, aus Hamm und Homs oder aus Bilk und Bagdad einschlafen könnten, haben wir viel erreicht.
Es ist also kein einmaliges Konzert mit Gesang aus 150 Kehlen, was der Konzertchor des Musikvereins zu Düsseldorf in die vielschichtige Flüchtlingshilfe einbringen will, sondern es sind viele überschaubare SingFreude-Treffen, die jeweils 5 bis 10 Sängerinnen und Sänger – unterstützt durch erfahrene Leiter der Düsseldorfer SingPause – in Flüchtlingsunterkünften oder in sozialen Zentren der Diakonie, der Caritas oder staatlicher Träger anbieten wollen. Nicht die große Vokal-Kunst, sondern das berührende, aufmunternde und erinnernde Wesen des kleinen Liedes soll im Mittelpunkt der Nachmittags oder Abende stehen, die man mit uns vereinbaren kann.
Kontakt: Dr. Karl-Hans Möller per Mail: singfreude@musikverein-duesseldorf.de