"Es gibt keinen Zweifel an dem elektrisierenden Effekt, den Byron bei den Deutschen Romantikern ausgelöst hat, den Teenager Schumann einbezogen; gleichwohl ließ er Manfred vergleichweise spät in sein künstlerisches Schaffen. Manfred war Byrons Antwort auf Goethes Faust. Sein (Schumanns) archetypischer Byron-Held war Faustischer Schule, suchend nach verbotenem Wissen, befohlen durch den Geist und gequält von inszestuöser Liebe (wie bei Byron selber). Im Tod fordert Manfred religiöse Konventionen heraus um sich selber zu erlösen. Schumanns literarisch-melodramatische Sichtweise, seine Sprachduktus und seine Liedwahl wurden in diesem Zusammenhang nie populär, lediglich seine recht turbulent gesetzte Ouvertüre fand Eingang in den Konzertalltag.
Düsseldorfs Schumann-Festival 2010 brachte Manfred in einer Multimediafassung auf die Bühne, und zwar mit brillantem, ja magischem Effekt. Das exzellente Orchester, der exzellente Chor und die exzellenten Solisten erscheinen wie eine optische Winzigkeit vor zwei großen Projektionsflächen: Gesicht und Sichtweite in der Kuppel der Tonhalle. Das Gesicht von Manfred (Johann von Bülow) erscheint nur als Projektion, gemischt mit gelegentlich vorbei fließenden Eindrücken eines Alpenpanoramas gemischt mit abstrakten Vorstellungen in seinem Geist. Die Gesangsnummern gehören wohl zu dem Schönsten, was Schumann je geschrieben hat; machmal an Das Paradies und die Peri erinnernd. Zudem weisen einige Orchester- und Chorpassagen deutlich auf die Szenen aus Goethes Faust hin. Wer das ganze erlebt hat begreift, dass die Ouvertüre nichts weiter ist als die Einführung zu einem herausragenden Werk.
Manfred wird nicht jeden begeistern. Byrons Texte sind gut ins Deutsche übersetzt. Außerdem gibt es anwählbare Untertitel, aber es ist eben auch eine Menge!
Nichts desto trotz: Jeder, der Schumanns Musik liebt, wird diesen Manfred in seiner exzeptionellen Darstellung als wahre Offenbahrung empfinden."
Darstellung/Interpretation: *****
Bildqualität/Klang: ****
Ausschnitte dieser Produktion unter: www.classical-music.com
(Kritik übermittelt von Marcus Heinicke, Arthaus, Übersetzung aus dem Englischen von Rainer Großimlinghaus) 18.10.2011
Bild: (c) Susanne Diesner - Probenbild aus der Tonhalle während der Generalprobe.